Der Klimawandel wird sichtbar – auch bei uns!

Der Botanik-Arbeitskreis der Biologischen Stationen in NRW hat sich am 28. Februar bei uns in Bergkamen getroffen, um sich zum Thema Klimawandel auszutauschen. Der Wandel der Lebensräume und der Einfluss auf das zugehörige charakteristische Arteninventar ist landesweit mittlerweile in einem sehr deutlichen Maß sichtbar geworden. Bei dem Workshop ging es aber nicht nur darum Entwicklungen aufzuzeigen, sondern insbesondere auch um die gemeinsame Suche nach geeigneten Maßnahmen, um die Folgen des Klimawandels auf unsere heimische Biodiversität zu minimieren.  

NSG Ebberg: Arbeitseinsatz mit der AGON Schwerte

Entbuschen, Entkusseln, Freistellen – jährlich wiederholen sich im alten Ruhrsandsteinbruch am Ebberg in Schwerte-Westhofen die Pflegemaßnahmen zum Schutz der Pionier- und Offenlandarten.

Und jährlich am ersten Februarsamstag nimmt die AGON Schwerte dazu gemeinsam mit der Biostation Freischneider, Motorsägen, Rechen und Forken in die Hände.

Insbesondere die langjährigsten Mitglieder sorgen so seit Jahrzehnten dafür, dass auf den einstmals offenen Terrassen des Bruches Knaben- und Filzkräuter, Haferschmiele und Ödlandschrecke leben können und nicht von den eindringenden Gehölzen verdrängt werden.

Traditionell ist auch die gemeinsame Stärkung nach getaner Arbeit – 2023 ohne Maske und mit ein paar Sonnenstrahlen.

AGON und Biostation packen gemeinsam an – und lassen sieben trennende Jahrzehnte vergessen

Gehört dazu und nicht ins Klischee: rund wird es erst mit dem leckeren gemeinsamen Abschluss

Naturschutzberatung mit der Landwirtschaftkammer

Projekt zur Naturschutzberatung mit der Landwirtschaftskammer erfolgreich abgeschlossen

In der Hellwegbörde leben zahlreiche seltene und gefährdete Feldvogelarten. Für ihren Schutz gibt es Vertragsnaturschutzangebote, bei denen Landwirte Ackerbrachen, Einsaatbrachen oder extensive Getreideäcker anlegen. Viele Landwirte machen bereits bei diesen Programmen mit, allerdings ist die Umsetzung auch aufgrund vieler bürokratischer Falltüren bei Beantragung, Durchführung und Pflege nicht immer einfach. Damit möglichst viele Landwirte daran teilnehmen können, ist eine gute Beratung hilfreich.

Seit 2020 führte die Landwirtschaftskammer NRW ein Projekt zur Biodiversitätsberatung für Landwirte in der Hellwegbörde durch. Gefördert wurde es im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ von der EU und dem Land Nordrhein-Westfalen. Der Biodiversitätsberater Andreas Kemper spricht Landwirte an, berät Sie über geeignete Maßnahmen und bei allen Fragen der Umsetzung. Die Biologischen Stationen der ABU Soest und Unna haben ihren naturschutzfachlichen Sachverstand in die Beratung eingebracht: welche Maßnahme ist geeignet, wo soll sie liegen, welche Einsaatmischung soll verwendet werden und wann soll eine Pflege erfolgen? Diese und andere Fragen wurden gemeinsam mit Andreas Kemper, den Landwirten sowie den Unteren Naturschutzbehörden besprochen. Außerdem haben die Biologischen Stationen die Wirkungen der Maßnahmen auf Wildbienen, Tagfalter und Vögel untersucht.

Die Ergebnisse sind vielversprechend. Viele Landwirte haben das Angebot angenommen und nach der Beratung Blühstreifen und Vertragsnaturschutzflächen angelegt. Trotz der vielen Corona-Einschränkungen gab es zahlreiche Beratungsgespräche, Diskussionen und Vorträge zu den Maßnahmen und ihren Wirkungen. Die Untersuchungen der Biologischen Stationen haben gezeigt, dass Tagfalter und Vögel sehr von diesen Maßnahmen profitieren. Blühstreifen, Brachen und extensiviertes Getreide wiesen deutlich höhere Dichten und einen größeren Artenreichtum auf als „normale“ Ackerkulturen. Auch die im Rahmen der vielfältigen Fruchtfolge bewirtschafteten Bohnen- und Erbsenfelder trugen zur Artenvielfalt bei.

Jetzt kommt es darauf an, diese Erfolge mittelfristig zu verstetigen und auszubauen. Mit Ablauf des Projektes bleibt Andreas Kemper bei der Landwirtschaftskammer als Biodiversitätsberater tätig, wenn auch mit deutlich größerem Zuständigkeitsbereich. Die gute Zusammenarbeit und die schnellen Kommunikationswege zwischen Kammer, Biologischen Stationen und den unteren Naturschutzbehörden bleiben erhalten – damit besteht eine gute Grundlage für mehr Naturschutz in der Hellwegbörde auch in schwierigen Zeiten.

Kontakt:

Landwirtschaftskammer: Biodiversitätsberater Andreas Kemper, Tel. 02945/989-580, Email: andreas.kemper@lwk.nrw.de

Biologische Station Unna I Dortmund: Birgit Stephan, Tel. 02389/9809-52, Email: stephan@bsundo.de

Biologische Station ABU Soest: Dr. Ralf Joest, Tel. 02921/969878-4, Email: r.joest@abu-naturschutz.de

Nachruf Wolfgang Pott

Wolfgang Pott bei der Vogelbeobachtung (Bild: Armin Langer)

Wir trauern um unseren langjährigen freien Mitarbeiter Wolfgang Pott. Der engagierte Hammer Naturschützer und leidenschaftliche Ornithologe ist Anfang Januar überraschend gestorben. Seine Verdienste im Kiebitzschutz in Hamm und sein unermüdlicher Einsatz für die heimische Vogelwelt, insbesondere in der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Hamm e.V. und als Autor des ornithologischen Jahresberichts des NABU Hamm e.V., sind herausragend. Er wird uns, seinen Freunden an den Biostationen in Unna und Soest, den Mitgliedern der OAG Hamm und allen Naturschützerinnen und Naturschützern in Hamm von Herzen fehlen.

Rückblick auf den Bioblitz 2022

Mit dem Jahresende ist auch der Bioblitz 2022 geendet. In einem spannenden Wettbewerb waren zahlreiche Naturentdecker deutschlandweit unterwegs und meldeten, was vor (und teilweise hinter) ihrer Haustür kreuchte, zirpte, flatterte, wuchs.

Über das Internetportal für Naturbeobachtungen Observation.org sollten vom 01.01.2022 bis zum 31.12.2022 so viele Arten von Pflanzen, Pilzen und Tieren gemeldet werden, wie möglich.

Vom Anfänger bis hin zum Experten, jeder durfte und sollte mitmachen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Über 20.000 Melderinnen und Melder haben deutschlandweit knapp zwei Millionen Artenfunde gemeldet. Was für eine beeindruckende Bilanz.

Auch in Unna, Dortmund und Hamm wurden tolle Ergebnisse erzielt – quantitativ und qualitav.

Unna: 1412 beobachtete Arten 8763 Beobachtungen 249 Beobachter
Dortmund: 1526 beobachtete Arten 7559 Beobachtungen 335 Beobachter
Hamm: 559 beobachtete Arten 1264 Beobachtungen 105 Beobachter

Wir durften teilhaben an ihrem Forschergeist und bedanken uns dafür, dass Sie ihre Naturbeobachtungen teilen und der Wissenschaft zur Verfügung stellen.

So wird ein Blick auf unsere Natur möglich, der zum einen von Scheuklappen befreit ist, aber zum anderen auch Möglichkeiten eröffnet wissenschaftliche Erkenntnisse und Thesen zu füttern oder zu untermauern. Und dies nicht nur anhand bekannter oder prominenter Arten, sondern auch mit eher unauffälligen Spezies, die sonst nur bei einer kleinen SpezialisteInnenschar Beachtung finden.

Seit einigen Jahren wird der Klimawandel medial diskutiert. Was auch heute noch vorwiegend als meteorologisches Phänomen mit Katastrophenpotential dargestellt wird, ist aber auch bei der Betrachtung unserer nächsten Umwelt sichtbar. Zum Beispiel in der Arealerweiterung vieler Arten. Hier belegen auch Ihre gemeldeten Fundpunkte die Dynamik, mit der diese Prozesse von Statten gehen; exemplarisch bei der Sichelschrecke Phaneroptera falcata beobachtbar:

Die Sichelschrecke ist eine mittelgroße Langfühlerschrecke, von der in den letzten Jahren vermehrt Nachweise auch in den Naturschutzgebieten des Kreises Unna gelangen. Sie bewohnt vor allem höhere, krautig-grasige Vegetationseinheiten wie z.B. Hochstauden- oder Ruderalfluren. Dabei besiedelt sie mittelfeuchte Standorte und gilt als thermophil, sie ist also eine eher “wärmeliebende” Art.

Sichelschrecke (Phaneroptera falcata), Sept. 2010 an der Ökologiestation des Kreises Unna

In der Fachliteratur wird sie als eine der Arten beschrieben, die durch Arealausweitung von der Klimaveränderung profitieren können. Die gute Flugfähigkeit macht sie sehr mobil und versetzt sie in die Lage sich entlang geeigneter Lebensräume auszubreiten. Anschaulich sichtbar wird dies wenn Beobachtungen aus dem Gelände kartographisch aufgearbeitet werden.
Im Rahmen des Bioblitz 2022 wurden ein Fundpunkt für den Kreis Unna und zwei Fundorte aus dem Dortmunder Stadtgebiet gemeldet, NRW-weit konnten immerhin 91 Meldungen das Verbreitungsbild untermauern.

Fundortkarte der Sichelschrecke, Meldungen aus 2022 für NRW. Quelle: Orbservation.org

Vergleichend dazu eine Raster-Verbreitungskarte aus PONIATOWSKI et al. (2018), die die bundesweite Entwicklung der Arealausweitung in den letzten Dekaden abbildet. Ad hoc wird die Verdichtung der Fundpunkte durch die Bioblitzaufnahmen erkennbar.

Verbreitung der Sichelschrecke in verschiedenen Zeitschnitten aus Poniatowski et al. (2018)

Nicht minder Interessant sind die Möglichkeiten zur Dokumentation der Zuwanderung und Ausbreitung von Neophyten und Neozoen, also solcher Pflanzen- und Tierarten, die eigentlich ein weit entferntes Verbreitungsgebiet besitzen und nicht in Mitteleuropa beheimatet sind. Sie werden aktiv eingeführt, verschleppt oder gelangen zufällig nach Europa und breiten sich aus: Namentlich sind hier zum Beispiel zwei größere Wanzenarten zu nennen. Aus Nordamerika stammt Leptoglossus occidentalis, die sich seit Beginn der 2000’er Jahre von Südeuropa aus rasant ausbreitet. Einzelne Tiere konnten bereits 2013 an der Ökologiestation des Kreises Unna beobachtet werden, vgl. hier. Mit dem Bioblitz gingen etwa 60 Meldungen dieser Art für UN / DO / HAM ein. Und manch einer weiß die dekorative Wanze als neuen Überwinterungsgast in seinem Heim zu begrüßen.

Leptoglossus occidentalis, Amerikanische Kiefernwanze

Halyomorpha halys ist ursprünglich ostasiatisch verbreitet und zeigt eine rasante Ausdehnung innerhalb der letzten Dekade, s. folgende Screenshots aus Observation.org. Sie ist ob ihres Schadpotentials im Pflanzenanbau gefürchtet und wird aus diesem Grunde auch aufmerksam beobachtet. Und auch sie dürfte mittlerweile kommun unter den Wintergästen in den Fensterritzen und Jalousienkästen zwischen dem sicherlich weitaus bekannteren aber ebenso gebietsfremden Asiatischen Marienkäfer sein.

Einzelne Fundpunkte von Halyomorpha halys in 2016…
…bis Ende 2018 bereits deutlich in die Fläche expandiert…
…Stand Ende 2020 und enorme Zunahme…
…der Beobachtungen bis Ende 2022

Dies sind nur zwei Beispiele – repräsentativ für viele, viele spannende und hochdynamische Prozesse in unserem unmittelbaren Umfeld. Mit den neuen Möglichkeiten von Naturbeobachtungsplattformen wie Observation.org erschließen sie sich einem deutlich breiteren interessierten Publikum.

Wir ermuntern Sie, auch in 2023 ihre Beobachtungen über Observation.org bzw. ihre Vogelsichtungen über ornitho.de zu melden.

Sie wissen noch nicht genau wie das geht? Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Quellen:

Dominik Poniatowski, Thorsten Münsch, Felix Helbing und Thomas Fartmann: Arealveränderungen mitteleuropäischer Heuschrecken als Folge des Klimawandels. in Natur und Landschaft 93(2018), Heft 12 553-561. online – Version:http://www.fartmann.net/downloads/articles/Poniatowski_et_al_Heuschrecken_Arealveraenderung_Natur_und_Landschaft_12_2018_2.pdf

Von draußen, vom Gewässer komm ich her …

Zum Jahresende hat der Dachverband der Biologischen Stationen NRW allen Interessierten auf seinem neuen Instagram Account einen naturkundlichen Adventskalender gebastelt. Wir machen nun das 14. Türchen auf und möchten uns mit einem Kurzbeitrag zum schutzwürdigen Kammmolch von Ihnen für dieses Jahr verabschieden.

Das Team der Biologischen Station wünscht Ihnen eine schöne Adventszeit, ein frohes Fest und einen guten Start in das neue Jahr. Bis dahin wünschen wir Ihnen eindrucksvolle Naturerlebnisse und freuen uns auf ein Wiedersehen z.B. bei einer unserer Veranstaltungen.

Mit Rolf Ohde geht ein weiteres Urgestein in den Ruhestand

Rolf Ohde zwischen Klaus Klinger und Dr. Anne-Kathrin Happe

Nach mehr als 20 Jahren auf der Biostation geht mit dem Monatsletzten im November 2022 unser Mitarbeiter Rolf Ohde in den Ruhestand.

Mit dem Eintritt in die Biostation im Jahr 2000 hat Rolf zunächst im Kreis Unna dafür gesorgt, dass in zahlreichen Naturschutzgebieten und Geschützten Landschaftsbestandteilen Kleingewässer neu angelegt oder erfolgreich saniert worden sind. Fast in jedem der damals rechtskräftigen Gebiete befinden sich “Ohde-Tümpel”, die auch nach 20 Jahren noch für eine reiche Amphibien- und Libellenwelt sorgen. “Nebenbei” kartierte er an der Lippe Eisvögel und Uferschwalben, leitete zeitweise den Pflegetrupp und führte vertretungsweise den Haushalt der Station.

Mit der Erweiterung der Biostationsaufgaben auf das Gebiet der Stadt Dortmund war es dann Rolfs Pionierarbeit, der Biostation auch dort ein Gesicht zu geben. Flächendeckende Lebensraumkartierungen für den Landschaftsplan Dortmund und die Organisation der Amphibienschutzaktionen zählten neben Entwicklungsplänen für die Dortmunder Naturschutzgebiete zu seinen Aufgaben.

Für einen reibungslosen Übergang bestand in den letzten Wochen die Gelegenheit, seinen Nachfolger Matthias Mause in Aufgaben und Gebiete der Stadt Dortmund einzuarbeiten. Zusammen mit dem seit langem in Dortmund tätigen Magnus Süllwold wird dadurch die Kontinuität der Arbeit gewahrt bleiben.

Lieber Rolf, Deine KollegInnen blicken sehr dankbar auf die gemeinsame Zeit mit Dir zurück und wünschen Dir alles, alles Gute!

Renaturierungsmaßnahmen an der Königslandwehr

Im sogenannten geschützten Landschaftsbestandteil Nr. 129 an der Königslandwehr südlich des Dorfes Heil laufen die Arbeiten einer Renaturierungsmaßnahme gerade auf Hochtouren. Im Rahmen zweier Kompensationsmaßnahmen soll im zentralen Bereich des Gebietes ein nährstoffarmer Lebensraumkomplex neu entstehen. Neben einem nährstoffarmen Kleingewässer sollen Bereiche mit sandigem Rohboden geschaffen werden, in denen konkurrenzschwache „Heideweiherarten“ und Pionierarten, wie die Kreuzkröte Lebensraum finden sollen. Dazu wurden auf der alten Sukzessionsfläche bereits alle Gehölze entfernt und das verschilfte Kleingewässer entschlammt. Nun wird nach und nach der organische Oberboden abgezogen und abgefahren.

das dichte Pioniergehölz wird samt Wurzelwerk entfernt
das Kleingewässer ist entschlammt – weiter geht es mit dem Oberbodenabschub

Nährstoffarme Lebensräume und Pionierstandorte sind im Kreis Unna zu einer absoluten Seltenheit geworden. Im Bereich der alten Heidelandschaft an der Königslandwehr bieten sich inmitten der seit Jahrzehnten extensiv genutzten, angrenzenden Flächen gute Voraussetzungen, um diese seltenen Arten dauerhaft zu erhalten/etablieren.

der fertiggestellte westliche Bereich
weiter geht es im Osten der Maßnahmenfläche