Kopfbaumkataster für den Kreis Unna

Kopfbäume sind von Menschenhand entstanden und verkörpern ein Stück Kulturgeschichte. Sie sind typische Landschaftselemente vieler Regionen Mitteleuropas, die im Zusammenspiel mit anderen Biotopen entscheidend Erlebniswert und Naturnähe der Kulturlandschaft beeinflussen. Vor allem ältere, hohle Exemplare faszinieren mit ihrer imposanten Gestalt. Ihnen kommt auch eine große ökologische Bedeutung zu. Denn aufgrund der Vielfalt an Strukturen, wie Rissen, Nischen und Höhlen bieten sie zahlreichen Tieren einen Brut-, Ruhe- und Nahrungsraum.

Kopfbaumreihe in der Lippeaue

Kopfbaumreihe in der Lippeaue

Jahrhunderte lang wurden sie als eine regerationsfähige Rohstoff- und Energiequelle geschätzt. Heute ist die ökonomische Bedeutung dieser alten Holznutzungsform Geschichte. Die Kopfbaumkultur ist nahezu verschwunden. Geblieben ist aber deren Bedeutung für Natur und Landschaft.

Anlass und Zielsetzung des Kopfbaumkatasters

Anlass für die kreisweite Erfassung von Kopfbäumen ist deren besondere Bedeutung vor allem für die Tierwelt. Dieses vor dem Hintergrund, dass mit dem Wegfall der wirtschaftlichen Bedeutung der Erhalt der Kopfbäume gefährdet ist. Sie werden entweder direkt aus der Landschaft entfernt, oder aber Ihre Pflege wird aufgegeben, womit ein Auseinanderbrechen und Absterben der Kopfbäume vorprogrammiert ist.

Kopfbäume würden wahrscheinlich gänzlich aus unserer Landschaft verschwinden, wenn nicht, wie auch im Kreis Unna der amtliche und ehrenamtliche Naturschutz diesen Prozess aufhalten würde. Mit der Erstellung eines Kopfbaumkatasters für den Kreis Unna werden verschiedene Zielvorgaben verfolgt:

  • die kreisweite Erfassung liefert einen Überblick zum Kopfbaumbestand im Kreisgebiet
  • das Kataster dient als Grundlage für eine abgestimmte Planung dauerhafter Kopfbaumpflege


titelbild

Kopfbäume bei Unna


Erstellung des Kopfbaumkatasters

Die Biologische Station / Naturförderungsgesellschaft beauftragte das Planungsbüro GEOWEB, Münster mit der flächendeckenden Kopfbaumkartierung. Die Kartierung begann im Winter 2002/2003 und erfolgte außerhalb der Siedlungsbereiche. Im Gelände wurden systematisch alle Kopfbäume mit den wesentlichen Daten zum Baum und Standort erfasst.

In der Aufbereitung mittels EDV besteht das Kopfbaumkataster aus zwei Teilen: der kartographischen Darstellung der Kopfbäume in einer digitalen Karte mittels eines Geographischen Informationssystems und einem Datenbankteil, der alle Sachdaten enthält. Geodaten und Sachdaten sind durch eine Schnittstelle über die individuelle Kopfbaumnummer miteinander verbunden.

ACCESS_Formular

Datenbank: Ansicht eines Eingabeformulars zur Datenverwaltung in MS-ACCESS


l_pflegebeduerftigkeit

digitale Karte mit farblich differenzierter Darstellung der Pflegebedürftigkeit der Kopfbäume


Zwischenergebnisse

An dieser Stelle soll nur auf wenige Eckdaten verwiesen werden. Eine detaillierte Darstellung ist im Naturreport Nr.9 veröffentlicht (Jahrbuch 2005 der Naturförderungsgesellschaft, erhältlich bei der Biologischen Station, Bergkamen-Heil) . Bisher wurden Kopfbäume in sieben Gemeinden des Kreises erfasst (Stand Herbst 2004). Dabei wurden an 1350 Standorten etwa 8400 Kopfbäume kartiert. Die Gemeinden mit den meisten Kopfbäumen auf ihrem Gebiet sind Bönen und Werne. Konzentrationen im Vorkommen von Kopfbäumen sind vor allem der Lippelauf mit angrenzenden Grünländern.

Je nach Gemeinde stehen zwischen 23% und 57% der Kopfbäume in Schutzgebieten (NSG, LB). Innerhalb der Schutzgebiete ist die Anzahl von Kopfbäumen je Standort größer als außerhalb in der normalen Kulturlandschaft.

Am bekanntesten und verbreitetsten sind im allgemeinen und so auch im Kreis Unna die Kopfweiden. Von den bisher kartierten Kopfbäumen sind 87% dieser Gattung (Salix spec.) zugehörig. Kreisweit ist die Gewöhnliche Esche (Fraxinus excelsior) die zweithäufigste Art.

Der Kopfbaumbestand des Kreises Unna weist insgesamt einen guten Pflegezustand auf. Zum Zeitpunkt der Kartierung wurden 25 % der Kopfbäume als langfristig pflegebedürftig und 58 % als mittelfristig pflegebedürftig eingeschätzt. Somit war die Mehrheit (83 %) der Kopfbäume zum Erfassungszeitpunkt nicht akut pflegebedürftig. Kurzfristig pflegebedürftig waren allerdings 14 % der registrierten Kopfbäume. Als Bäume, bei denen die Pflege nicht mehr möglich ist, da sie bereits auseinander- bzw. zusammengebrochen oder abgestorben waren, wurden 2 % des Gesamtbestandes angesehen.

anzahl-kb-gemeinde

Anzahl der Kopfbäume pro Gemeinde


kartiertes Kreisgebiet (Stand Herbst 2004)

kartiertes Kreisgebiet (Stand Herbst 2004)












Seit 2005 liegen auch die Endergebnisse der Kartierung vor: über 12.000 Kopfbäume an mehr als 1.800 konnten im Kreisgebiet erfasst werden! Lesen Sie detailliert im Endbericht zum Kopfbaumkataster weiter, der hier als Pdf-Datei zum Download bereitsteht!

Literatur

BRAUN, B. & W. KONOLD (1998): Kopfweiden, Kulturgeschichte und Bedeutung der Kopfweiden in Südwestdeutschland. In: Beih. Veröff. Naturschutz Landespflege Bad.-Württ. 89, Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher, 240 S.

LOOS, G.H. & W. LOOS (1991): Kopfweiden und andere Kopfbäume in Unna. Stadt Unna in Zusammenarbeit mit der Krötenschutzgruppe der VHS Unna (Hrsg.), Unna, 50 S.

LOSKE, K. (1982): Erhaltung, Pflege und Neuanlage von Kopfbäumen. Naturschutz praktisch. In: Merkblätter zum Biotop- und Artenschutz. Nr. 42, LÖLF-NRW, Recklinghausen.

Edeltraut Wagner, Stefan Kauwling – GEOWEB, Münster