Biber an Lippe und Ruhr

Spätestens seit dem Jahr 2019 ist auch im Kreis Unna der Biber zurück an Lippe und Ruhr. Nachdem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an der Möhne die letzten Vorkommen Westfalens ausgerottet wurden, vollzieht sich ausgehend von Eifel und Niederrhein seit dem Jahrtausendwechsel eine zügige Wiederbesiedlung des Landes.

Frische Biber-Fraßspuren an der Ruhr

Fast zeitgleich wurden im Jahr 2019 sowohl an der Lippe als auch an der Ruhr die ersten Biberspuren im Kreis von ehrenamtlichen Naturbeobachtern entdeckt. Wiesen die Spuren anfangs nur auf einzelne Tiere hin, so hat sich bis zum Ende 2021 der Bestand schon zu mehreren “Revieren” verdichtet – unübersehbar an den vielen winterlichen Biberschnitten entlang der Ufergehölzlinien, die von der Biologischen Station im Winter 2020/2021 kartiert worden sind.

Um der genauen Verbreitung und der Populationsstruktur der Biber auf den Grund zu gehen, werden im Rahmen eines Werkvertrages von Fachgutachterin Anja Roy im Frühjahr 2022 die Biber in den beiden großen Flussläufen im Kreisgebiet noch einmal eingehender untersucht.

Bereits fortgeschritten verwester Biber am Ruhrufer in Fröndenberg, 17.11.2021 Foto: Hermann Knüwer

Inzwischen sind bereits zweimal tote Biber aus der Ruhr geborgen und in das Naturkundemuseum in Münster überstellt worden. Zu einem am 17.11.2021 gefundenen toten Tier schreibt das Naturkundemuseum

Leider war das Tier schon in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung, sodass sich die Haut nicht mehr für die Herstellung eines Präparates eignete. Zur Todesursache: Als das Tier für die Herstellung eines Skelettes abgezogen und entfleischt wurde, stellte sich heraus, dass sich im Brustkorb eine große Menge Flüssigkeit gemischt mit Blut befand. Außerdem waren zwei Rippen im vorderen Bereich glatt durchtrennt. Zusammen mit der Wunde an der Schnauze, gehen wir davon aus, dass das Tier bei Revierstreitigkeiten mit einem Artgenossen tödlich verwundet wurde und ertrunken ist, da die Rippen weder gequetscht, noch gesplittert waren, wie es sich sonst bei einem Verkehrsunfall oder einem Hundeangriff darstellt. Außerdem waren keine weiteren großflächigen Blutergüsse oder Knochenbrüche feststellbar.

Auch dieser akribisch erhobene Befund deutet darauf hin, dass sich in der Ruhr wieder eine arttypisch interagierende Population entwickelt.

Biber-Totfund in Fröndenberg Foto: Hermann Knüwer

Verabschiedung nach 28 Jahren – unser langjähriger Leiter Klaus Klinger geht in den Ruhestand

Unser langjähriger Leiter der Biologischen Station Kreis Unna | Dortmund verabschiedet sich zum Ende diesen Jahres nach 28 ereignisreichen Jahren in den Ruhestand. Seit der Einrichtung der Biologischen Station im Dezember 1993 durch die Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna ist der Aufgabenbereich der Biologischen Station stetig gewachsen: Angefangen bei der Betreuungsarbeit für die Schutzgebiete im Kreis Unna, sind wir mittlerweile auch in Dortmund und Hamm aktiv. Die Mitarbeiterzahl stieg nach und nach von 4 auf 11 feste Stellen. Wir danken Klaus für seine beachtlichen Errungenschaften rund um den Naturschutz und seine unerschöpfliche Gestaltungskraft in und um die Biostation!

Abschied Klaus Klinger
Wir verabschieden uns mit einem weinenden Auge von Klaus Klinger und
begrüßen mit einem lachenden Auge seine Nachfolgerin, Dr. Anne-Kathrin
Happe.

NSG Kiebitzwiese – Baubeginn für ein neues Umgehungsgerinne durch die Stadtwerke Fröndenberg

Umgehungsgerinne Wehr Schwitten
Startschuss für das neue Umgehungsgerinne um das Wehr Schwitten im NSG Kiebitzwiese

Am Dienstag, 28.09.2021 erfolgte mit der ersten Baggerschaufel der Startschuss für die Umgehung des Wehres Schwitten. Die Stadtwerke Fröndenberg stellen in den nächsten Monaten mit einer ökologisch hochwertigen Kombination aus Fischtreppe und Umgehungsgerinne die Durchgängigkeit der Ruhr auch an dieser Stelle wieder her.

Die Stadtwerke Fröndenberg kommen damit dem Wunsch des Naturschutzes nach, statt einer rein technischen Lösung mit dem Umgehungsgerinne auch das Naturschutzgebiet Kiebitzwiese weiter zu entwickeln und um neue Fließgewässer-Strukturen anzureichern.

Nähere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Internetseite der Stadtwerke Fröndenberg.

Hemmerder Wiesen: Arbeiten an Kleingewässer

In den Hemmerder Wiesen wird wieder gebaggert! Ein Kleingewässer soll wesentlich vergrößert und vertieft werden, um es für Wat- und Wasservögel zu optimieren. Mit dem Bodenaushub wird randlich ein Aussichtsshügel aufgeschüttet, so dass wie im NSG Kiebitzwiese in Fröndenberg gute Beobachtungsmöglichkeiten für Besucher geschaffen werden.

Erdarbeiten am Kleingewässer, Uferzonen werden flach ausgezogen und der Gewässerkörper entschlammt und vergrößert ….
… der Aushub wird für einen “Aussichtshügel” verwendet….
Panoramaansicht des optimierten Gewässers mit umgebender Feldflur

Wie die Zeit vergeht …

Seit 1996 arbeitet Falko Prünte als Landschaftsökologe an der Biologischen Station Kreis Unna | Dortmund. Anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums ehrten Herr Enters, Vorsitzender unseres Trägervereins, der Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna e.V. (NFG) , und Herr Driesch, Geschäftsführer der NFG, am 02. August unseren Kollegen.

Falko betreut die Naturschutzgebiete im Südkreis, ist unser maßgeblicher Ornithologe und Berater in allen EDV-Fragen und hat u. a. im Rahmen von Renaturierungsprojekten in den Naturschutzgebieten “Strickherdicker Bachtal” und “Kiebitzwiese” die Arbeit der Biologischen Station nicht nur naturschutzfachlich, sondern auch öffentlichkeitswirksam mit geprägt.

Alle Kolleginnen und Kollegen der Biostation gratulieren ganz herzlich!

Ein Dankeschön für 25 Jahre Engagement für Natur und Landschaft

Hochwasser zwischen Ruhr und Lippe

NSG Obergraben westlich Wickede
NSG Obergraben westlich Wickede im Südosten des Kreises Unna bei Fröndenberg-Warmen

Die teils verheerenden Unwetter Mitte Juli 2021 haben auch den Kreis Unna nicht verschont. Nach den Starkregenereignissen und Überflutungen in Fröndenberg am 04.07.21 hat es vom 13.-15.07.21 den ganzen Südkreis und darüber hinaus auch Teile des Nordens getroffen. Sind die Flutschäden auch nicht mit den katastrophalen Ereignissen in der Eifel zu vergleichen, so hat das Unwetter auch im Kreis Unna zu einem Todesfall und hohen materiellen Schäden geführt.

Während die Lippe nur punktuell getroffen worden ist, sind in der Ruhraue nahezu alle tief liegenden Auenflächen von Fröndenberg-Warmen bis Schwerte-Westhofen überschwemmt worden. Daneben haben die zulaufenden Bachtäler erhebliche Hochwasserspitzen aufnehmen müssen.

Ruhraue Westhofen
Ruhraue Schwerte-Westhofen im NSG Alter Ruhrgraben mit der Kluseninsel am 15.07.2021
Kluseninsel im nicht überfluteten Zustand

Die gute Nachricht aus den Naturschutzgebieten im Kreis: alle Nutztierbestände konnten rechtzeitig auf andere Flächen verbracht werden oder blieben vom Hochwasser verschont. Die Biostation hatte bereits im Vorfeld mit den Bewirtschaftern alternative Weideflächen und Rückzugsräume besprochen.

Mehrere Tierbestände mussten aufgrund der Gefahr eines Wehrbruchs evakuiert werden - in Ergste konnte die Mutterkuhherde bleiben
Auf Wasserspiegelhöhe des Ruhrhochwassers: Mutterkuhherde im NSG In der Lake in Schwerte
NSG In der Lake
NSG In der Lake in Schwerte zwischen Wannebach und Offerbach – mit der ausufernden Ruhr

Nach den ersten Kontrollen steht auch fest, dass sich die Naturschutzgebiete in den größeren und kleineren Auen als Retentionsräume bewährt und große Wassermengen zunächst aufgenommen haben – ohne als Rückstau angrenzende Flächen zu gefährden.

Verschlammter und verschmutzter Grünlandaufwuchs nach dem Hochwasser

Weitgehend abzuschreiben sind für viele Landwirte aber auf den Überflutungsflächen die Grünlanderträge des zweiten und teilweise noch des ersten Schnitts. Und auch viele schützenswerte Lebensgemeinschaften und Individuen sind den Wassermassen zum Opfer gefallen – entlang der Ruhr gingen beispielsweise wohl annähernd alle derzeit aktiven Uferschwalben- und Eisvogelbruten im Hochwasser unter.

Als Futter nicht mehr zu nutzen – verschlammter Aufwuchs im NSG Alter Ruhrgraben

Hochwasser ist in den Auen allerdings die notwendige Voraussetzung, um dynamische Lebensräume zu etablieren und zu erhalten. Das Juli-Hochwasser 2021 wird in den Naturschutzgebieten im Kreis auch bleibende positive Spuren hinterlassen – und die Diskussion um naturnahe Auen als Retentionsräume zum Schutz der Siedlungen vor Überflutungen begleiten.

Zurück in der Lippeaue im Kreis Unna: die Karausche

Die Karausche (Carassius carassius) ist eine relativ unauffällige Stillgewässerfischart, die leicht mit dem Giebel und dem Goldfisch verwechselt werden kann. In der Roten Liste NRW von 2010 wird sie als “ungefährdet” geführt. Mittlerweile, so sind sich die Fischspezialisten einig, ist die Karausche bei uns als „vom Aussterben bedroht“ einzustufen. Zu dieser Einstufung haben sicherlich auch die Erkenntnisse aus der „Maßnahmenanalyse zum Fischbestand der Lippe“ des Landesfischereiverbandes und der Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest beigetragen.

An sich ist diese Karpfenartige recht anspruchslos und kommt auch mit sauerstoffärmeren und auch mit leicht abtrocknenden Gewässern aus. Und dennoch, ihre Konkurrenzschwäche (z.B. gegenüber anderen Karpfenartigen) scheint ihr zum Nachteil zu gereichen.

einjährige Kaurauschen

In Rahmen eines Nachzuchtprojekt mit einem aus dem Lippesystem stammenden Tierbestand konnte die Landesfischereianstalt NRW nun erfolgreich Jungfische reproduzieren. Ein Teil dieser einjährigen Tiere wurde nun in zwei ausgesuchte Altwasser in der Lippeaue zwischen Stockum und Lünen ausgesetzt.

direkt aus den Spezialbehältern der Landesfischereianstalt in die Einsetzwanne …
und dann erst einmal langsam die Temperatur angleichen …
schon bei diesem Prozess fangen die Tiere an zu fressen – ein gutes Zeichen …
und dann geht es raus in die Freiheit – ab unter die Teichrosenblätter

Auftrieb an der Ruhr – Mutterkühe im NSG In der Lake in Schwerte

Mutterkuhherde
Mutterkuhherde erobert sich den neuen Weidegrund mit frischem Grün

Nach mehr als 20 Jahren laufen wieder Weidetiere auf dem Grünland zwischen Offerbach, Wannebach und der A45 im Naturschutzgebiet In der Lake in Schwerte-Ergste.

Die Mutterkuhherde von Landwirt Sebastian Becker-Dahlhoff ist am 06.05.2021 aufgetrieben worden und hat den neuen Weidegrund im Sturm genommen. Und bereits einige Freundinnen und Freunde im Gebiet gewonnen – die Kälber sind auch wirklich ein echter Hingucker. Die Bezirksregierung Arnsberg, der Kreis Unna, die Land- und Wasserwirtschaft in Schwerte sowie die Biologische Station haben in enger Kooperation das Beweidungsprojekt vorangetrieben und jetzt mit dem Beweidungsbeginn erfolgreich gestartet. Möglich wurde dies auch durch die Bereitschaft der Schwerter Ruhrtallandwirte, Grünlandflächen – z. T. unter Verzicht eigener Rechte – zu tauschen und sinnvoll zusammenzufassen.

Mehr zum Beweidungsprojekt an der Ruhr erfahren Sie hier und im Flyer zum Download.

Bitte achten Sie mit darauf, dass die Betretungsverbote eingehalten werden und die Zäune nicht beschädigt werden – zum Wohl der Tiere innerhalb und außerhalb der Umzäunung . . .

Landwirt Sebastian Becker
Landwirt Sebastian Becker mit seiner Mutterkuhherde im NSG In der Lake

Stellenweise Wiedervernässung im NSG Hemmerder Wiesen

Der Kreis Unna hat in den letzten Tagen des Jahres 2020 ein kleines Stauwehr in den Ameckebach bauen lassen, der das NSG Hemmerder Wiesen längs durchquert. Es soll durch zeitweiligen Anstau benachbarte Tümpel im Frühjahr mit Wasser speisen, damit unter anderem die Fortpflanzung von Amphibien durch vorzeitiges Trockenfallen nicht gefährdet wird.

In den letzten Jahren waren hier wie auch landesweit die meisten Kleingewässer bereits Ende April ausgetrocknet. Auch die Amecke, die durch die Speisung von Quellen am Fuße des Haarstranges immer eine Mindestwasserführung aufweist, uferte nicht mehr wie zuvor im Winterhalbjahr aus. Nicht nur der hier wieder zahlreich gewordene Laubfrosch, auch Wat- und Wasservögel fanden in den Gewässern und angrenzenden Feuchtwiesen einen neuen Lebensraum. Viele seltene Zugvögel wie Bekassine und Kranich nutzen das Gebiet als Rastplatz.

Das Stauwehr soll daher als Notmaßnahme gegen die klimabedingte Trockenheit an wenigen Tagen im Frühjahr eine Wiedervernässung ermöglichen. Damit die Durchgängigkeit der Amecke an diesen Tagen nicht unterbunden wird, soll ein unterirdisches Rohr den Durchfluss gewährleisten.
Bauarbeiten an der Amecke – hier entsteht eine Stauanlage zur Sicherung und Optimierung der Wasserverhältnisse an Kleingewässern im Naturschutzgebiet