Raupeneinsatz als gezielte Störung zur Schaffung von Rohbodenflächen
Der Holzplatz Bönen und die ehemalige Kokskohlenhalde in Kamen-Heeren-Werve sind als ehemalige Bergbaustandorte die Heimat zahlreicher Pionierarten. Die Blauflügelige Sandschrecke und das Kleine Filzkraut haben auf der Halde seit Jahren stabile Populationen, die Kreuzkröte besiedelt von hier die angrenzenden Feuchtlebensräume.
Allerdings fühlt sich auch die Birke hier richtig wohl – ihr gelingt es innerhalb weniger Jahre, die ehemals offenen Schotterflächen vollständig zu erobern und zu beschatten.
Im Abstand einiger Jahre wird zum Schutz der Pionierarten deshalb das Gebiet von der Biologischen Station entbuscht und der Oberboden abgeschoben. Dies ist notwendig, um die verbleibenden Birkenstubben weitgehend zu entfernen, die ansonsten vielstämmig wiederaustreiben und einen noch dichteren Schattenwurf verursachen würden.
Frisch entbuschter Bereich vor der Abschiebung
Nachdem im Januar von der Biostation die Birken entfernt worden waren, hat bei frostigen Temperaturen die Fa. Schnepper im Auftrag des Kreises Unna die Fläche mit einer Planierraupe abgeschoben. Für die sonnen- und wärmeliebenden Pionierarten aber auch für die Birke heißt das “zurück auf Start”.
Dichter Birkenbewuchs vor der Rodung auf dem Holzplatz Bönen
Panoramablick über die “Hemmerder Wiesen” am 23. Feb. 2022, Foto Hermann Knüwer
Nach den starken Regenfällen der letzten Tage haben sich die Hemmerder Wiesen in eine kleine Seenlandschaft verwandelt, die viele rastende Wasser- und Watvögel anzieht.
107 Jahre zählten der älteste Teilnehmer und die jüngste Teilnehmerin zusammen beim gemeinsamen jährlichen Arbeitseinsatz von AGON Schwerte und der Biostation im Naturschutzgebiet Ebberg. Nach coronabedingter Pause 2021 war es am 05.02.2022 mit Abstand wieder soweit: Mit Freischneidern, Motorsägen und Rechen wurden die verschiedenen Steinbruchsohlen entbuscht und entkuselt, um den Lebensraum von Pionierpflanzen und lichtliebenden Tierarten zu erhalten. Mittendrin die von der AGON liebevoll und reichhaltig ausgestatte Stärkungspause. Besten Dank an die AGON – die jüngste Teilnehmerin war übrigens 20 . . .
Von der AGON bestens versorgt: die gemeinsame Pause im Steinbruch
Spätestens seit dem Jahr 2019 ist auch im Kreis Unna der Biber zurück an Lippe und Ruhr. Nachdem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an der Möhne die letzten Vorkommen Westfalens ausgerottet wurden, vollzieht sich ausgehend von Eifel und Niederrhein seit dem Jahrtausendwechsel eine zügige Wiederbesiedlung des Landes.
Um der genauen Verbreitung und der Populationsstruktur der Biber auf den Grund zu gehen, werden im Rahmen eines Werkvertrages von Fachgutachterin Anja Roy im Frühjahr 2022 die Biber in den beiden großen Flussläufen im Kreisgebiet noch einmal eingehender untersucht.
Bereits fortgeschritten verwester Biber am Ruhrufer in Fröndenberg, 17.11.2021 Foto: Hermann Knüwer
Inzwischen sind bereits zweimal tote Biber aus der Ruhr geborgen und in das Naturkundemuseum in Münster überstellt worden. Zu einem am 17.11.2021 gefundenen toten Tier schreibt das Naturkundemuseum
Leider war das Tier schon in einem fortgeschrittenen Zustand der Verwesung, sodass sich die Haut nicht mehr für die Herstellung eines Präparates eignete. Zur Todesursache: Als das Tier für die Herstellung eines Skelettes abgezogen und entfleischt wurde, stellte sich heraus, dass sich im Brustkorb eine große Menge Flüssigkeit gemischt mit Blut befand. Außerdem waren zwei Rippen im vorderen Bereich glatt durchtrennt. Zusammen mit der Wunde an der Schnauze, gehen wir davon aus, dass das Tier bei Revierstreitigkeiten mit einem Artgenossen tödlich verwundet wurde und ertrunken ist, da die Rippen weder gequetscht, noch gesplittert waren, wie es sich sonst bei einem Verkehrsunfall oder einem Hundeangriff darstellt. Außerdem waren keine weiteren großflächigen Blutergüsse oder Knochenbrüche feststellbar.
Auch dieser akribisch erhobene Befund deutet darauf hin, dass sich in der Ruhr wieder eine arttypisch interagierende Population entwickelt.
Die bauausführende Firma Altbrod aus Eslohe-Wenholthausen hat auf youtube.com zwei Luftaufnahmen des neuen Umgehungsgerinnes im NSG Kiebitzwiese veröffentlicht:
Unser langjähriger Leiter der Biologischen Station Kreis Unna | Dortmund verabschiedet sich zum Ende diesen Jahres nach 28 ereignisreichen Jahren in den Ruhestand. Seit der Einrichtung der Biologischen Station im Dezember 1993 durch die Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna ist der Aufgabenbereich der Biologischen Station stetig gewachsen: Angefangen bei der Betreuungsarbeit für die Schutzgebiete im Kreis Unna, sind wir mittlerweile auch in Dortmund und Hamm aktiv. Die Mitarbeiterzahl stieg nach und nach von 4 auf 11 feste Stellen. Wir danken Klaus für seine beachtlichen Errungenschaften rund um den Naturschutz und seine unerschöpfliche Gestaltungskraft in und um die Biostation!
Wir verabschieden uns mit einem weinenden Auge von Klaus Klinger und begrüßen mit einem lachenden Auge seine Nachfolgerin, Dr. Anne-Kathrin Happe.
Startschuss für das neue Umgehungsgerinne um das Wehr Schwitten im NSG Kiebitzwiese
Am Dienstag, 28.09.2021 erfolgte mit der ersten Baggerschaufel der Startschuss für die Umgehung des Wehres Schwitten. Die Stadtwerke Fröndenberg stellen in den nächsten Monaten mit einer ökologisch hochwertigen Kombination aus Fischtreppe und Umgehungsgerinne die Durchgängigkeit der Ruhr auch an dieser Stelle wieder her.
Die Stadtwerke Fröndenberg kommen damit dem Wunsch des Naturschutzes nach, statt einer rein technischen Lösung mit dem Umgehungsgerinne auch das Naturschutzgebiet Kiebitzwiese weiter zu entwickeln und um neue Fließgewässer-Strukturen anzureichern.
In den Hemmerder Wiesen wird wieder gebaggert! Ein Kleingewässer soll wesentlich vergrößert und vertieft werden, um es für Wat- und Wasservögel zu optimieren. Mit dem Bodenaushub wird randlich ein Aussichtsshügel aufgeschüttet, so dass wie im NSG Kiebitzwiese in Fröndenberg gute Beobachtungsmöglichkeiten für Besucher geschaffen werden.
Erdarbeiten am Kleingewässer, Uferzonen werden flach ausgezogen und der Gewässerkörper entschlammt und vergrößert ….… der Aushub wird für einen “Aussichtshügel” verwendet….Panoramaansicht des optimierten Gewässers mit umgebender Feldflur
Seit 1996 arbeitet Falko Prünte als Landschaftsökologe an der Biologischen Station Kreis Unna | Dortmund. Anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums ehrten Herr Enters, Vorsitzender unseres Trägervereins, der Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna e.V. (NFG) , und Herr Driesch, Geschäftsführer der NFG, am 02. August unseren Kollegen.
Falko betreut die Naturschutzgebiete im Südkreis, ist unser maßgeblicher Ornithologe und Berater in allen EDV-Fragen und hat u. a. im Rahmen von Renaturierungsprojekten in den Naturschutzgebieten “Strickherdicker Bachtal” und “Kiebitzwiese” die Arbeit der Biologischen Station nicht nur naturschutzfachlich, sondern auch öffentlichkeitswirksam mit geprägt.
Alle Kolleginnen und Kollegen der Biostation gratulieren ganz herzlich!
Ein Dankeschön für 25 Jahre Engagement für Natur und Landschaft
NSG Obergraben westlich Wickede im Südosten des Kreises Unna bei Fröndenberg-Warmen
Die teils verheerenden Unwetter Mitte Juli 2021 haben auch den Kreis Unna nicht verschont. Nach den Starkregenereignissen und Überflutungen in Fröndenberg am 04.07.21 hat es vom 13.-15.07.21 den ganzen Südkreis und darüber hinaus auch Teile des Nordens getroffen. Sind die Flutschäden auch nicht mit den katastrophalen Ereignissen in der Eifel zu vergleichen, so hat das Unwetter auch im Kreis Unna zu einem Todesfall und hohen materiellen Schäden geführt.
Während die Lippe nur punktuell getroffen worden ist, sind in der Ruhraue nahezu alle tief liegenden Auenflächen von Fröndenberg-Warmen bis Schwerte-Westhofen überschwemmt worden. Daneben haben die zulaufenden Bachtäler erhebliche Hochwasserspitzen aufnehmen müssen.
Ruhraue Schwerte-Westhofen im NSG Alter Ruhrgraben mit der Kluseninsel am 15.07.2021Kluseninsel im nicht überfluteten Zustand
Die gute Nachricht aus den Naturschutzgebieten im Kreis: alle Nutztierbestände konnten rechtzeitig auf andere Flächen verbracht werden oder blieben vom Hochwasser verschont. Die Biostation hatte bereits im Vorfeld mit den Bewirtschaftern alternative Weideflächen und Rückzugsräume besprochen.
Auf Wasserspiegelhöhe des Ruhrhochwassers: Mutterkuhherde im NSG In der Lake in SchwerteNSG In der Lake in Schwerte zwischen Wannebach und Offerbach – mit der ausufernden Ruhr
Nach den ersten Kontrollen steht auch fest, dass sich die Naturschutzgebiete in den größeren und kleineren Auen als Retentionsräume bewährt und große Wassermengen zunächst aufgenommen haben – ohne als Rückstau angrenzende Flächen zu gefährden.
Verschlammter und verschmutzter Grünlandaufwuchs nach dem Hochwasser
Weitgehend abzuschreiben sind für viele Landwirte aber auf den Überflutungsflächen die Grünlanderträge des zweiten und teilweise noch des ersten Schnitts. Und auch viele schützenswerte Lebensgemeinschaften und Individuen sind den Wassermassen zum Opfer gefallen – entlang der Ruhr gingen beispielsweise wohl annähernd alle derzeit aktiven Uferschwalben- und Eisvogelbruten im Hochwasser unter.
Als Futter nicht mehr zu nutzen – verschlammter Aufwuchs im NSG Alter Ruhrgraben
Hochwasser ist in den Auen allerdings die notwendige Voraussetzung, um dynamische Lebensräume zu etablieren und zu erhalten. Das Juli-Hochwasser 2021 wird in den Naturschutzgebieten im Kreis auch bleibende positive Spuren hinterlassen – und die Diskussion um naturnahe Auen als Retentionsräume zum Schutz der Siedlungen vor Überflutungen begleiten.