Heuschreckenfauna im NSG Ebberg bei Schwerte

von Erasmus Benedikt Tigges (Hemer)

Luftbild der Untersuchungsflächen im NSG "Am Ebberg"

Luftbild der Untersuchungsflächen im NSG "Am Ebberg"

Im Rahmen einer von der Biologischen Station im Kreis Unna mit betreuten Diplomarbeit am Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms Universität Münster wurde in einem der ältesten (1979/1998) Naturschutzgebiete des Kreises Unna in 2008 erstmalig die Heuschreckenfauna in dessen Kernbereich untersucht. Als ehemaliger Ruhrsandsteinteinbruch verfügt dieser über zahlreiche Biotoptypen und – nicht zuletzt bedingt durch die fortgeschrittene Pflanzensukzession – über eine große Vielfalt an Vegetationsstrukturen. Diese Vielfalt reicht von nahezu vegetationsfreien Flächen, über Silikattrockenrasen bis hin zu trockenen und feuchten Hochstaudenfluren und ist somit für Heuschrecken von hoher Attraktivität.

Methodik

Im insgesamt 18,6 ha großen NSG wurden die unbewaldeten Flächen der durch den Abbau entstandener Terrassenstufen untersucht. Die sechs mit unterschiedlichen Offenlandbiotopen ausgestatteten Untersuchungsflächen nehmen eine Fläche von 4,3ha ein. Da nur wenige Heuschreckenarten Wälder besiedeln wurden diese nur am Rande betrachtet.

Markierte Heuschrecke

Markierte Heuschrecke

Die qualitative Erfassung der Heuschreckenfauna erfolgte im Wesentlichen über Erkennung des artspezifischen Gesangs sowie über Kescher- und Handfänge. Die quantitative Erfassung erfolgte mit Hilfe eines sogenannten Isolationsquadrats. Diese käfigartige Konstruktion wird über die Probeflächen gesetzt und ermöglicht alle darin gefangenen Individuen zu bestimmen und auszuzählen, so daß Aussagen über die Siedlungsdichten möglich werden. Um Aussagen über die Mobilität und das Bewegungsverhalten von Heuschrecken zu machen wurden ausgewählte Arten individuell farbmarkiert. Wiederholte Fänge dieser Tiere zeigen dann die spezifischen Bewegungsmuster auf.

Ergebnisse

Insgesamt konnten 12 Arten nachgewiesen werden. Neben häufigen Arten wie Chorthippus parallelus, Chorthippus biguttulus oder Metrioptera roeselii konnten auch Arten festgestellt werden, die aufgrund ihres in der Literatur genannten Verbreitungsareals (MAAS et al. 2002) zunächst nicht im Untersuchungsgebiet zu erwarten waren. Hierzu zählen Conocephalus discolor, Phaneroptera falcata und Chrysochraon dispar.

Liste der im UG nachgewiesenen Arten, RL D = Rote Liste Deutschland, RL NRW = Rote Liste NRW, * = nicht gefährdet, 3 = gefährdet, V = auf der Vorwarnliste

Liste der im UG nachgewiesenen Arten, RL D = Rote Liste Deutschland, RL NRW = Rote Liste NRW, * = nicht gefährdet, 3 = gefährdet, V = auf der Vorwarnliste


Mithilfe der Markierungsversuche konnten 62 Tieren individuell markiert und beobachtet werden (29 Ind. Chorthippus biguttulus, 33 Tiere Chorthippus brunneus). 33 dieser Individuen konnten im Laufe des Untersuchungszeitraumes teilweise mehrfach erneut gefangen werden (Wiederfangrate 53,2 % ). Dabei konnten 32 Ortswechsel von 22 Individuen festgestellten werden, wobei C. biguttulus sich als mobilere der beiden untersuchten Arten herausstellte.

Markierungs- und Wiederfangversuche, Darstellung der Bewegungsrichtung und Ortswechsel

Markierungs- und Wiederfangversuche, Darstellung der Bewegungsrichtung und Ortswechsel

Von den nachgewiesenen Bewegungen fand der Großteil (60 %) über weite Distanzen von 30 – 50 m statt, lediglich zwei bzw. drei Bewegungen konnten für geringe Distanzen von 5 m und 10 m belegt werden. Als höchste zurückgelegte Einzeldistanz wurde eine Entfernung von 50 m ermittelt, die längste Tagesstrecke legte mit 105m ein C. biguttulus Männchen zurück.

Als Motivation für Ortswechsel wird in der Literatur vor allem bei kleinen Habitaten die Umsiedlung zur Partnersuche diskutiert, um also den Reproduktionserfolg auf Art- und Populationsniveau sichern zu können. Am Ebberg, als hochfrequentierten Naherholungsgebiet, sind sicherlich Störungen, die durch Spaziergänger, Hunde, Mountainbiker etc. ausgehen, maßgeblich verantwortlich dafür, daß ein Fluchtverhalten beider Arten als Reaktion ausgelöst wird.

Die Ergebnisse der quantitativen Untersuchungen und der Untersuchungen zum Vorkommen der Heuschrecken in Abhängigkeit von der Vegetationsstruktur sind in der Diplomarbeit detailliert dargestellt.

Naturschutzfachliche Maßnahmen

Kernproblem für die nicht bewaldeten Lebensräume am Ebberg ist die fortschreitende Sukkzession mit einer zunehmenden Verbuschung der offenen und vegetationsarmen Flächen. Diese Flächen als Lebensraum für Heuschrecken, aber auch viele andere Insektenarten, von ausschlaggebender Bedeutung sind. Mit dem Ziel der Offenhaltung dieser Bereiche werden von der AGON Schwerte in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station im Kreis Unna einmal jährlich Entbuschungsmaßnahmen durchgeführt.

Eine ausführlichere Darstellung der Untersuchungen steht als Auszug aus den Jahresberichten der Biologischen Station hier zum Download bereit: Heuschreckenfauna im NSG Am Ebberg in Schwerte (PDF 0,7MB)

Literatur:

BELLMANN, H., 2006: Der Kosmos Heuschreckenführer – Die Arten Mitteleuropas sicher bestimmen. Stuttgart.
BUCHWEITZ, M. & R. WALTER, 1992: Individualmarkierung von Heuschrecken – ein Erfahrungsbericht. Articulata: 55-61. DETZEL, P. , 1998: Die Heuschrecken Baden-Württembergs. Stuttgart.
FARTMANN, T. , 1997: Biozönologische Untersuchungen zur Heuschreckenfauna auf Magerrasen im Naturpark Märkische Schweiz. In: Mattes, H. (Hrsg.): Ökologische Untersuchungen zur Heuschreckenfauna in Brandenburg und Westfalen. Arbeiten aus dem Institut für Landschaftsökologie 3: 1-62.
INGRISCH, S. & G. KÖHLER,1998: Die Heuschrecken Mitteleuropas.
MAAS, S., DETZEL, P., & A. STAUDT, 2002: Gefährdungsanalyse der Heuschrecken Deutschlands – Verbreitungsatlas, Gefährdungseinstufung und Schutzkonzepte Bonn-Bad Godesberg.
MÜHLENBERG, M., 1993: Freilandökologie. 3. Aufl., Wiesbaden.
SCHULTE, A.-M., 2003: Taxonomie, Verbreitung und Ökologie von Terix bipunctata (Linnaeus 1758) und Tetrix tenuicornis (Sahlenberg 1893). Doktorarbeit an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Der Arbeitskreis Heuschrecken NRW stellt auf seinen Internetseiten weitere interessante Informationen zu Heuschrecken in unserem Bundesland, u.a. Verbreitungskarten zu den einzelnen Arten, zusammen. Besuchen Sie den Webauftritt hier: Arbeitskreis Heuschrecken NRW