Feldvogelschutz: Hotspotgespräche mit der Landwirtschaft

Rechtzeitig vor der Getreideernte, der Einsaat der Winterungen und Zwischenfrüchte haben Anfang Juli die “Hotspot-Gespräche” zwischen der Landwirtschaftskammer, dem Landwirtschaftsverband, den bewirtschaftenden Landwirten, dem Kreis Unna und der Biologischen Station stattgefunden.

Hotspotgespräch mit den anliegenden Landwirten, der Landwirtschaftskammer, dem Kreis Unna und der Biostation in Werne am 05.07.2019 Foto: Hermann Knüwer

Ziel der Gespräche in den noch vorhandenen Schwerpunktvorkommen von Kiebitz und Co. – den “Hotspots” – ist die Abstimmung der Fruchtfolge und die Einwerbung von Feldvogel-Schutzflächen. Moderiert vom Geschäftsführer der Landwirtschaftskammer Ruhr-Lippe, Harald Lopotz, wurde gemeinsam mit den Landwirten die Feldbestellung um die bestehenden Vertragsnaturschutz-Schwarzbrachen koordiniert. Die langjährigen Kiebitzbrutplätze in den Schwerpunkt-Gebieten sind als Schwarzbrachen mehrjährig vertraglich gesichert – im Frühjahr hat die Art hier optimale, störungsfreie Fortpflanzungsbedingungen. Damit die Kiebitze auch im Folgejahr den geschützten “schwarzen” Acker als Neststandort wählen, sind die umliegenden Bewirtschafter in den Hotspotgesprächen informiert worden, angrenzende Flächen im Rahmen ihrer Fruchtfolge mit Wintergetreide einzusäen oder die Winter-Zwischenfrucht bis in den April hinein stehen zu lassen. Beides wird von den Kiebitzen aufgrund des höheren Aufwuchses zur Anlage der Nester gemieden.

Auch die Rotation der Schutzflächen zur Verringerung der Prädation und der Betroffenheit einzelner Landwirte sowie die Einwerbung neuer Vertragsflächen wurde konstruktiv diskutiert.

Gerade war gestern – neue Schleifen für den Strickherdicker Bach

Gerade fertiggestellt: renaturierter Strickherdicker Bach mit laufverlängernden Schleifen

Gerade fertiggestellt: renaturierter Strickherdicker Bach mit laufverlängernden Schleifen

Ende August 2018 begannen die Bauarbeiten zur Renaturierung des Strickherdicker Baches im gleichnamigen Naturschutzgebiet – zwei Monate später sind die Bauarbeiten weitgehend abgeschlossen. Seit dem 31.10.2018 läuft das Wasser auf ganzer Länge des Plangebietes in einem neuen Bett. Noch sieht das Umfeld baubedingt recht wüst aus, erkennen kann man aber deutlich die neue oberflächennahe Lage des Bachbettes und die auflaufende Feuchtwiesen-Vegetation. Bereits jetzt sind am Bachlauf Gebirgsstelzen zu beobachten, die das neue Bachbett dankbar annehmen.

Sohlrampe zum Abbau des Gefälles am Gebietsende

Sohlrampe zum Abbau des Gefälles am Gebietsende

Am Samstag, 10.11.2018 stellen der Kreis Unna und die Biologische Station das Erreichte um 14.15 Uhr auf einer kurzen Exkursion vor Ort vor – Gummistiefel sind dabei Pflicht! Treffpunkt ist aufgrund der fehlenden Parkmöglichkeiten im NSG der DB-Haltepunkt Ardey.

Anschluß an den wesentlich tiefer liegenden Altlauf

Anschluß an den wesentlich tiefer liegenden Altlauf

Gerade war gestern – Renaturierung des Strickherdicker Baches beginnt Ende August 2018

Außer Tiefenerosion bisher wenig Bewegung – das ändert sich jetzt

Ende August werden im Naturschutzgebiet Strickherdicker Bachtal Bagger und Baumaschinen auffahren. Nach einer langen Planungsphase soll jetzt der Strickherdicker Bach renaturiert werden.

Die Talaue und der Bachlauf im Naturschutzgebiet Strickherdicker Bachtal zwischen Fröndenberg-Strick­herdicke und Langschede unterlagen in den letzten 150 Jahren einem beständigen Wandel. Schon bei der ersten Kartierung der Flächen hat die Preußische Uraufnahme 1839/1840 die überwiegende Nutzung der Aue als Grünland, unterbrochen von einigen Gehölzinseln fest­gehalten. Der Bachlauf selbst verlief mehr oder weniger frei mäandrierend.

Das Strickherdicker Bachtal 1892 (rot eingezeichnet die heutige NSG-Grenze)

Das Strickherdicker Bachtal 1892 (rot eingezeichnet die heutige NSG-Grenze)

In den folgenden Jahrzehnten ist das Grünland in diesem Siepen, wie auch in anderen Bachtälern im hiesigen Raum, als Flößwiese genutzt worden. Bachlauf und Talaue wurden zu diesem Zweck sicherlich schon im 19. Jahrhundert in weiten Teilen umgestaltet. Mittels im Bachlauf eingebauter kleiner Stauwehre konnte das Grünland geflößt, also geflutet werden, um dadurch ein früheres, gleichmäßigeres und kräftigeres Wachstum des Grases für die Mahd zu bewirken.
Zuletzt wurde der Strickherdicker Bach mit der nationalsozialistischen Machtübernahme und Ideologisie­rung einer einschneiden­den Veränderung unterzogen. 1934 hat der Nationalsozialistische Arbeitsdienst (NSAD) den Strickherdicker Bach durch den Einbau von Stauwehren, die Anlage von Quer- und Seitengräben und den Bau von Brücken massiv umgestaltet und in weiten Abschnitten begradigt. Der Bachlauf wurde zwischen dem Heideweg und Langschede auf ganzer Länge in die Talmitte verlegt.
Durch das Aufkommen des Kunstdüngers und die fort­schreitende Mechanisierung in den 1950er Jahren ist die Flößwiesennutzung landesweit zum Erliegen gekommen und auch im Strickherdicker Bachtal kaum mehr prakti­ziert worden, die Flächen fielen brach, der Unterhalt der Stauwehre wurde eingestellt.
Im Strickherdicker Bachtal hat ein weiterer, letzter Eingriff die Entwicklung zur Sozialbrache befördert. Mitte der 1960er Jahre wurde entlang des Talzuges der Abwasserkanal zwischen Strickherdicke und Langschede verlegt. Die eingesetzten Baufahrzeuge zerstörten teilweise die verlegten Ton-Drai­nagen der Grünlandflächen. Auch ohne das Flößen der Wiesen vernässte das Grünland durch das Hangdruck­wasser der Seitenkanten zusehends, so dass eine gewinnbringende Nutzung mit den inzwi­schen eingesetzten land­wirtschaftlichen Maschi­nen immer schwieriger wurde.

Topographische Karte 1973

Topographische Karte 1973

Die letzten Begradigungen des Bachlaufes haben nicht nur in der Horizontalen deutliche Spuren im Gebiet hin­terlassen: Das starke Gefälle des Strickherdicker Baches hat eine enorme Tiefenerosion – ausgelöst durch die Begradigung – in Gang gesetzt. Das beträchtliche Gefälle des begradigten Bachlaufes von knapp 10 m auf 500 m Laufstrecke führte im Südabschnitt zu einer extremen Eintiefung des Gewässers von bis zu 4 m unter Geländeniveau. Durch den Verfall der Wehre erodierte der Gewässerboden in den letzten Jahren rückschreitend mit zunehmender Geschwindigkeit. Die angrenzenden nassen und feuchten Brachwiesen und Hochstaudenfluren wurden durch die Tieferlegung des Was­serhorizontes entwässert und da­mit aus Sicht des Naturschutzes erheblich entwertet.

Bestandsplan 2006 - damals blau eingezeichnet die mögliche Lage eines renaturierten Bachlaufs

Bestandsplan 2006 – damals blau eingezeichnet die mögliche Lage eines renaturierten Bachlaufs

Seit Jahren haben der Kreis Unna und die Biologische Station nach einer umsetzbaren und finanzierbaren Lösung gesucht, um die rückschreitende Erosion des Bachlaufes zu stoppen, diesen wieder in einem natürlicherem Bett verlaufen zu lassen und die angrenzenden Flächen zu vernässen. 2017 hat die Bezirksregierung Arnsberg nun die Fördermittel zugesagt, den Bachlauf zu renaturieren.

Geplanter renaturierter Bachlauf südlich des Heideweges

Geplanter renaturierter Bachlauf südlich des Heideweges

Im Südteil des Naturschutzgebietes wird der Kreis Unna die Lauflänge des Baches durch ein neu herzustellendes, mäandrierendes Bachbett erhöhen und die Tiefenerosion damit stoppen. Um am Südende des Planbereiches den Anschluß an das vorhandene, tiefliegende Bachbett herzustellen, ist dort der Bau einer Sohlrampe notwendig, über die das Wasser fischdurchgängig die letzten Höhenmeter herabrieseln kann. Die Rampe soll zuverlässig verhindern, dass sich das Wasser auf kürzestem Weg wieder tief in den Untergrund eingräbt.

Ende August starten die Bagger. Angefahren wird die Baustelle von Süden aus Langschede, der Heideweg wird weitestgehend frei gehalten. Wenn das Wetter mitspielt, sind die Bauarbeiten im Frühjahr 2019 abgeschlossen – dann heißt es wirklich: gerade war gestern!

EPS – Eichenprozessionsspinner und Jakobskrautbär

EPS-Raupen-Gespinst an einem Eichenstamm

EPS-Raupen-Gespinst an einem Eichenstamm

Auch im Kreis Unna sind in diesem Frühjahr verbreitet die Raupen und Gespinste des Eichenprozessionsspinners auf Eichen gefunden worden. Vor allem auf einzeln stehenden Stieleichen fällt die Art relativ leicht auf, wenn sich die Raupen in charakteristischen Gespinsten am Stamm oder unter einem abgehenden Seitenast auf die Verpuppung vorbereiten. Probleme bereitet das Auftreten der Art dadurch, dass die Raupen Brennhaare besitzen, die Hautirritationen, Augenreizungen, Atembeschwerden und pseudoallergische Reaktionen auslösen können.

Gespinst des EPS bei der Verpuppung an einer Eiche

Gespinst des EPS bei der Verpuppung an einer Eiche

Eine ausführliche Information zum Eichenprozessionsspinner hat der Naturschutzbund Deutschland zusammengestellt – mit umfangreichen Hinweise zu einem sachgerechten Umgang mit dem Schmetterling. Auch das Julius Kühn-Institut stellt ein Infoblatt zum EPS bereit.

Hilfreich ist dagegen das gehäufte Auftreten einer anderen Schmetterlingsart, die derzeit im Kreis Unna zahlreich gefunden werden kann: Der Jakobskrautbär – auch Blutbär oder Karminbär genannt – findet in diesem Jahr seine namensgebende Raupennahrungspflanze zahlreich auf Grünlandflächen und an Säumen und Rainen.

Jakobsgreiskrautbär

Jakobskrautbär

Die charakteristischen “BVB-Raupen” fressen das aufgrund seiner Giftigkeit insbesondere bei Pferdehaltern und Landwirten geschmähte Greiskraut ohne Schaden zu nehmen und unterstützen dadurch die manuell vorgenommene Entfernung des Krautes durch die Biostation auf unseren für die Futtergewinnung genutzten Naturschutzgrünlandflächen.

Raupen des Jakobskrautbäres

Raupen des Jakobskrautbäres

 

 

 

Mit dem Mai erstrahlt auch der Aussichtshügel an der Kiebitzwiese

Der Pallisaden- und Flechtzaun des Aussichtshügels an der Kiebitzwiese in Fröndenberg erstrahlt in neuem Glanz: In den letzten Tagen konnte der Sichtschutz, der die rastenden und brütenden Vogelarten vor Störungen durch Besucher bewahren soll, vom Pflegetrupp der Biostation wieder einmal instand gesetzt werden.

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Der Birken-Weiden-Flechtzaun hat eine natürliche Haltbarkeit von nur wenigen Jahren und muss von der Biostation daher immer wieder erneuert werden – kein Vergleich mit den heute vielerorts eingesetzten, langlebigeren Zaun- und Absperreinrichtungen in privaten und gewerblichen Anlagen. Was er diesen trotzdem voraus hat? Der Zerfall erfolgt absolut biologisch und rückstandsfrei (Mikro-Holz ist jedenfalls noch kein angstbesetzer Begriff), zahlreiche Insekten helfen dabei und fühlen sich in der Zwischenzeit wie die Made im Speck. Aber auch für zahlreiche Vögel ist der Flechtzaun neben einem Nahrungsraum auch Versteck und sogar Brutgelegenheit. Darüberhinaus fällt das nachwachsende Material im Winterhalbjahr bei der Pflege anderer Naturschutzgebiete z. B. bei Entbuschungen und Freistellungen von Brachflächen und Gewässern oder der Wiederherstellung der Verkehrssicherheit kostenlos an.

Da im Frühling aufgrund der Brutzeit viele andere Arbeiten in den Naturschutzgebieten ruhen müssen, ist die immer wiederkehrende Flechtarbeit eine passende Abwechselung im Jahresarbeitsplan der Station.

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Freuen Sie sich also am neuen Glanz wie auch am Zerfall des Sichtschutzes – beides gehört hier zusammen, ermöglicht den Tieren der Kiebitzwiese eine störungsfreie Brut- und Rastzeit und Ihnen ein Naturerlebnis der besonderen Art auf Tuchfühlung mit seltenen Vogelarten und den Gehörnten.

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Pressemitteilung: Zertrampelt und verdreckt – Naturschutzgebiet In der Lake gefährdet, 14.03.2018

Hundehalter verwechseln das Naturschutzgebiet offensichtlich mit einer Spielwiese für Vierbeiner

Hundehalter verwechseln das Naturschutzgebiet offensichtlich mit einer Spielwiese für Vierbeiner

Pressemitteilung des Kreises Unna (UNB Unna – Biologische Station Kreis Unna | Dortmund)

Kreis Unna. Zertrampelte Blumen und Pflanzen, ausgetretene Pfade, Hundedreck überall. So sieht es im und am Naturschutzgebiet In der Lake in Schwerte-Ergste aus. Zerstört wird es von Menschen, die Erholung ohne Rücksicht auf die hier besonders schützenswerte Natur suchen. Landwirte und Umweltschützer schlagen deshalb Alarm.

Der gemeinsame Appell von Landwirtschaft, Naturschutzbehörde und der Biologischen Station Unna / Dortmund: Nutzen Sie nur die Wirtschaftswege, bleiben Sie weg von landwirtschaftlichen Flächen, leinen Sie die Hunde an.

„Viele Menschen möchten sich im Freien bewegen und auch ihrem Vierbeiner möglichst viel Auslauf gönnen“, hat Hermann Knüwer von der unteren Naturschutzbehörde Verständnis für den Drang ins Grüne. Er weiß aber auch, dass es ohne gegenseitiges Verständnis auf Dauer nicht geht.

„Wir Landwirte haben mit viel Mühe Blühstreifen angelegt, um Insekten eine Heimat zu geben und die Artenvielfalt zu sichern und zu fördern“, erklärt Rainer Goeken. All‘ diese Mühen verpufften, wenn die Pflanzstreifen zu Wegen umfunktioniert würden, obwohl klar erkennbar sei, dass es da nicht lang gehe.

Nicht nur das: „Die angelegten Streifen unterliegen scharfen Kontrollen und die Landwirte müssen mit erheblichen Strafen rechnen, obwohl sie für die Schäden nicht verantwortlich sind“, erläutert Jan-Dirk Braß. Der spricht auch für andere Landwirte, wenn er sagt: „Unter solchen Umständen legen wir keine Blühstreifen mehr an.“

Das Zertrampeln von unter Schutz stehenden Bereichen ist nur ein Problem im Ergster Naturschutzgebiet. Das andere sind Hundehalter und ihre Vierbeiner, denn sie laufen im wahrsten Sinn des Wortes quer Bett. „Dabei sind im Umfeld des Naturschutzgebietes In der Lake ausreichend Wirtschaftswege vorhanden“, haben Landwirte und Umweltschützer kein Verständnis für jede Regel ignorierende Hundehalter.

Das Naturschutzgebiet In der Lake wurde bereits vor 20 Jahren ausgewiesen. Seitdem ist es verboten, Flächen abseits ausgewiesener Straßen und Wege zu betreten. Dennoch: Die gesamte Südseite des Naturschutzgebietes ist inzwischen mit Trampelpfaden durchzogen. „Dass hier kein Wiesenpieper mehr brüten kann, ist offensichtlich“, klagt Falko Prünte von der Biologischen Station.

Pressetermin mit Vertretern der Landwirtschaft, des Kreises Unna und der Biostation am 14.03.2018 im NSG In der Lake

Pressetermin mit Vertretern der Landwirtschaft, des Kreises Unna und der Biostation am 14.03.2018 im NSG In der Lake

Prünte hofft mit seinen Mitstreitern vom Kreis und aus der Landwirtschaft auf die Einsicht der im Ergster Ruhrtal erholungsuchenden Menschen. „Ein bisschen Rücksicht ist ein Gewinn für die Natur und damit für uns alle“, unterstreicht Knüwer. PK | PKU