Bundesverdienstkreuz für herausragendes ehrenamtliches Engagement

24.06.2016  Bundesverdienstkreuz für herausragendes ehrenamtliches Engagement im Natur- und Artenschutz sowie auf dem Gebiet der Umweltbildung verliehen

In dieser Woche wurde drei seit Jahrzehnten im Natur- und Artenschutz sowie auf dem Gebiet der Umweltbildung im Kreis Unna ehrenamtlich engagierten Persönlichkeiten – Irmgard Devrient, Reinhard Wohlgemuth und Dieter Ackermann – in Anerkennung und zum Dank von Landrat Makiolla in Vertretung des Bundespräsidenten im Spiegelsaal des Hauses Opherdicke in Holzwickede das Bundesverdienstkreuz verliehen.I+R_kl_2

Liebe Irmgard, lieber Reinhard, lieber Dieter die Biologische Station sagt Euch ganz herzlichen Glückwunsch zu diesem großen, gebührenden Ereignis und dankt Euch ebenso herzlichen für die gute und fruchtbare Zusammenarbeit über all die langen Jahre!

Irmgard Devrient und Reinhard Wohlgemuth entdeckten Mitte der 1980er Jahre ihre gemeinsame Leidenschaft für die Natur. Von Hause aus Innenarchitektin und Dachdecker eigneten sie sich als Autodidakten im Laufe der Zeit ein umfangreiches, tiefgehendes Fachwissen insbesondere auf dem Gebiet der Fledermauskunde an. Mittlerweile sind beide weit über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus als Spezialisten auf diesem Gebiet gefragt. Ihre sorgfältig durchgeführten Langzeitstudien im Rahmen von Kartierungs- und Beringungsarbeiten (Vogel- und Fledermauskastenkontrolle) sowie der Pflege und Aufzucht trugen und tragen zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und methodischen Verbesserungen hinsichtlich dieser Tiergruppe bei. Neben ihrem fachlichen Engagement verstehen es die beiden jedoch auch, im Rahmen von Vorträgen, Besuchen in Kindergärten und Schulen sowie der Beratung bei Haussanierungsarbeiten andere Menschen und insbesondere Kinder und Jugendliche für den Fledermausschutz zu begeistern.

I+R_klReinhard Wohlgemuth führt als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Vogelwarte Helgoland zudem seit vielen Jahren ein Beringungsprogramm an Dohlen und Turmfalken durch, was gleichzeitig mit der Einrichtung von neuen Brutmöglichkeiten für diese Vögel verbunden ist. Beide beteiligen sich an diversen Erfassungsprogrammen wie den Zählungen der Saatkrähen im Kreis Unna, der Wasservogelzählung auf der Ruhr in Schwerte sowie der landesweiten Kormoranerfassung.

Auch in Naturschutzverbänden sind beide engagiert. Viele Jahre lang haben sie in der Arbeitsgemeinschaft Ornithologie und Naturschutz Schwerte (AGON) sowie im Naturschutzbund (NABU), tatkräftig mitgewirkt. Irmgard Devrient war von 1991 bis 2003 stellvertretende Vorsitzende des NABU-Kreisverbandes Unna. Sie war zeitweise auch Mitglied im Landschaftsbeirat bei der Bezirksregierung Arnsberg sowie stellvertretendes Mitglied im Landschaftsbeirat des Kreises Unna.

In besonderer Weise zeichnet sich dabei all ihr ehrenamtliches Tun aus durch warmherziges Auftreten, Selbstlosigkeit, Bescheidenheit, Hingabe und vorbildliches Engagement.

D_kl_2Dieter Ackermann, studierter Maschinenbauingenieur, gründete 1979 die Arbeitsgemeinschaft Ornithologie und Naturschutz Schwerte (AGON), der er bis Ende 2014 vorstand. In dieser Zeit hat er mit seiner menschenfreundlichen und offenen Art diese zu einer richtungsweisenden und einer der aktivsten Naturschutzgruppen im Kreis Unna geformt sowie den Natur- und Artenschutz im Kreis Unna und vor allem im Raum Schwerte gestaltet und geprägt. In zahllosen Vorträgen und auf seinen Exkursionen verstand es der Naturphotograph Dieter Ackermann immer wieder aufs Neue, die Menschen über die Besonderheiten und Schönheit der Natur für den Naturschutz zu begeistern.

Die AGON kartiert seit Jahrzehnten flächendeckend den Brutbestand und die Fortpflanzungsraten der heimischen Greifvögel auf dem Messtischblatt Schwerte. Nicht zuletzt aufgrund dieser auch im Landesmaßstab herausragenden Kartierungstradition trifft sich die AG Greifvögel der Nordrhein-Westfälischen Ornithologen-Gesellschaft seit langen Jahren in Schwerte zu ihrem jährlichen Berichtstag. Dieter Ackermann war zudem maßgeblich an der Datenauswertung und Veröffentlichung der landesweiten Erfassungsergebnisse zum Mäusebussard durch die AG Greifvögel beteiligt.

Neben den Greifvögeln werden im Raum Schwerte darüber hinaus fast sämtliche hier relevante Rote-Liste-Vogelarten kartiert und teilweise durch besondere Schutzprogramme gefördert. Daneben werden zahlreiche Arten aus der Gruppe der Säugetiere, der Amphibien, der Insekten sowie der Pflanzen- und Pilzwelt aufgrund der Initiative Dieter Ackermanns jährlich erfasst.

Eine Besonderheit stellt die vom Ehepaar Ackermann langjährig betriebene Zählung D_kl_1des Kranichzuges dar: Sämtliche über das Gebiet des Messtischblattes Schwerte ziehende Kranichzüge werden seit Jahren gezählt und elektronisch gespeichert. Telefonische Meldungen oder Emails werden akribisch in die eigenen Beobachtungen eingefügt und haben inzwischen eine umfangreiche Analyse des Zuges dieser Vogelart im heimischen Raum auch im Hinblick auf die Veränderungen durch den Klimawandel ermöglicht.

Der von Dieter Ackermann gestaltete Internetauftritt der AGON Schwerte (www.agon-schwerte.de) war der erste eines Naturschutzverbandes im Kreis Unna – und einer der ersten in NRW überhaupt. Zu einer Zeit, als dies noch unüblich war, sammelten Dieter Ackermann und seine Frau Ursula über diese Internetpräsenz bereits etliche Beobachtungsdaten für die wissenschaftliche Auswertung.

Ausdruck seiner naturschutzfachlichen Kompetenz ist der von ihm von 1989 bis 2014 wahrgenommene Sitz im Beirat bei der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Unna, dem er von 2005 bis 2009 vorstand. Jahrelang unterstützte er den Kreisverband des Naturschutzbundes als stellvertretender Vorsitzender.

Zur Laufkäferfauna ausgewählter Flussuferabschnitte des NSG “Lippeaue Selm”

In den Jahren 2013 und 2014 wurden von dem Entomologen Karsten Hannig aus Waltrop umfangreiche Untersuchungen zum Vorkommen verschiedener Insektengruppen an ausgewählten Lippeuferabsschnitten im Naturschutzgebiet “Lippeaue Selm” angestellt. Die Essenz dieser privaten Forschungsarbeit wurde 2015 in Band 80 der Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde, Münster, publiziert.

Zur Laufkäferfauna ausgewählter Flussuferabschnitte des NSG "Lippeaue Selm"

Zur Laufkäferfauna ausgewählter Flussuferabschnitte des NSG “Lippeaue Selm”

 

Zum Einsatz kamen unterschiedliche Felderfassungsmethoden (z.B. Boden- und Lichtfallen, Handaufsammlungen…) an repräsentativen Abschnitten. Zum einen wurden stukturärmere Uferpartien als Referenzflächen beprobt, und zum anderen vergleichend Abschnitte untersucht, die 2011 durch den Lippeverband naturnah umgestaltet wurden.

Ein Schwerpunkt der Arbeit lag auf der Erfassung von Laufkäfern (Coleoptera, Carabidae). Allein aus dieser Insektengruppe wurden fast 10.000 Tiere an den Probestellen erfasst und 138 Arten determiniert.

Erhebliche Unterschiede zeigt das Arteninventar von renaturierten zu den strukturärmeren Uferabschnitten auf. Die höhere standörtliche Diversität ersterer schafft Einnischungsmöglichkeiten für 126 ! Arten. Die älteren, zwar teilweise in der Vergangenheit ebenfalls entfesselten Referenzuferabschnitte, weisen eine deutlich geringe standörtliche Vielfalt auf. Demzufolge kommen dort “nur” 92 Carabidenarten vor. Ausgewiesene Spezialisten von Fließgewässern, die eben auf die standörtliche Dynamik einer Auenlandschaft angewiesen sind, haben ihren deutlichen Verbreitungsschwerpunkt weiterlesen

Alles Gute für 2016

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Das Team der Biologischen Station wünscht allen Naturfreunden einen guten Start in das neue Jahr und sagt Danke für die gute Zusammenarbeit, Ihr Engagement und die tatkräftige Unterstützung.

Für das neue Jahr wünschen wir Ihnen eindrucksvolle Naturerlebnisse, Gesundheit und Glück!

Flächenbegrünung durch Mahdgutübertragung – ein Beitrag für die biologische Vielfalt

Das Spendermaterial – Rapunzel-Glockenblume und Co. Warten darauf geerntet zu werden

Das Spendermaterial – Rapunzel-Glockenblume und Co. Warten darauf geerntet zu werden

Im Naturschutzgebiet „Lippeaue von Stockum bis Heil“ ließ die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Unna in Kooperation mit der Biologischen Station Ende Juni eine ca. zwei Hektar große Brachefläche in Grünland umwandeln.

Mit Hilfe zweier ortsansässiger Landwirte wurde die Fläche, die Ende 2014 in die öffentliche Hand überführt werden konnte, bei optimaler Witterung per Mahdgutübertragung begrünt. Dafür wurde die Fläche zunächst einmal Mitte des Monats unter Einsatz einer Scheibenegge „schwarz“ gemacht – das heißt das Saatbett für die zukünftige Wiese wurde vorbereitet.

Dann, nachdem die Fläche nach den Regenfällen der vergangenen Tage abgetrocknet war, konnten die weiteren Arbeitsschritte vorgenommen werden. Zwei direkt angrenzende, artenreiche Grünlandflächen wurden im morgendlichen Tau geschnitten und das Mahdgut direkt nach dem Schnitt auf einen Ladewagen aufgeladen.

1. Schritt zur erfolgreichen Mahdgutübertragung – Flächenvorbereitung

1. Schritt zur erfolgreichen Mahdgutübertragung – Flächenvorbereitung

Bei diesem Ladevorgang wurde das Schnittgut zerkleinert, so, dass es optimal auf der zukünftigen Grünlandfläche per Dosierwalze ausgebracht und verteilt werden konnte. Wichtig war eine zeitnahe Abfolge dieser Arbeitsschritte, um das Ausfallen der Samen zu minimieren.
Zum Abschluss der Arbeiten, wurde das Mahdgut per Heuwender noch einmal gründlich verteilt, so dass überall auf der Fläche der gereifte Samen des Mahdgutes ausgebracht werden konnte. Nun sind gute Bedingungen geschaffen, um eine artenreiche Wiese entstehen zu lassen.

2. Schritt zur erfolgreichen Mahdgutübertragung – Mahd von ausgesuchten Flächen, mit deren Samen die neue Fläche begrünt werden soll, danach Aufladen des Mahdgutes auf den Ladewagen

2. Schritt zur erfolgreichen Mahdgutübertragung – Mahd von ausgesuchten Flächen, mit deren Samen die neue Fläche begrünt werden soll, danach Aufladen des Mahdgutes auf den Ladewagen

Aber warum der ganze Aufwand? Warum wurde hier keine gängige Einsaat vorgenommen?

Zwei durchaus berechtigte Fragen. Die Flächen, von denen das Mahdgut stammt,  sind traditionelle Grünlandflächen, die in den vergangenen Jahren extensiv bewirtschaftet wurden.

Es darf davon ausgegangen werden, dass die Arten dieser Flächen gebietsheimisch sind, und nicht, wie es bei konventionell hergestelltem Saatgut üblich ist, in weit entfernten Regionen, Nachbarländern oder gar in Übersee vermehrt wurden. Dies ist ein genetischer Vorteil, da die Pflanzen an die Umweltbedingungen vor Ort angepasst sind. Zudem sind die Flächen aufgrund der jahrelangen extensiven Bewirtschaftung sehr artenreich.

3. Schritt zur erfolgreichen Mahdgutübertragung – Ausbringen des zerkleinerten Mahdgutes auf die neu zu begrünende Fläche

3. Schritt zur erfolgreichen Mahdgutübertragung – Ausbringen des zerkleinerten Mahdgutes auf die neu zu begrünende Fläche

Vor allem viele charakteristische krautige Arten, die in den vielerorts nur noch intensiv genutzten Grünlandflächen selten geworden oder ganz ausgefallen sind, wachsen auf diesen Flächen. Um den Erhalt dieser Arten zu sichern, die auch diversen Tierarten als Lebensgrundlage dienen, ist die Übertragung per Mahdgutübertragung sinnvoll. Sofern es sich nicht um Arten handelt, die sich z.B. per Wind ausbreiten können, wie es beim heimischen Wiesen-Bocksbart der Fall ist, sind viele heimische Arten wenig oder begrenzt ausbreitungsfähig.

 

4. Schritt zur erfolgreichen Mahdgutübertragung – gleichmäßiges Verteilen des vorgereiften Samens auf der Fläche

4. Schritt zur erfolgreichen Mahdgutübertragung – gleichmäßiges Verteilen des vorgereiften Samens auf der Fläche

Nicht zuletzt kann davon ausgegangen werden, dass das Artengefüge der Mähflächen an den dort vorliegenden frischen bis trockenen Standort in der Lippeaue angepasst ist. Das ökologische Potential von vor Ort wurde im Rahmen dieser Maßnahme also bestmöglich ausgeschöpft.

Wir dürfen gespannt sein, wie der Erfolg der Mahdgutübertragung ausfallen wird. Vielleicht noch nicht im nächsten Jahr, aber möglicherweise nach zwei Jahren werden sich Kleinköpfiger Pippau, Gras-Sternmiere, Rapunzel-Glockenblume, Gewöhnliches Ferkelkraut, Flaumiger Wiesenhafer, Gewöhnliche Hainsimse, Wiesen- und Kleiner Sauer-Ampfer, Gewöhnlicher Hornklee und Co neu etabliert haben.

Das Resultat – das Schnittgut hält die Feuchtigkeit in Bodennähe und bietet optimale Keimunsgbedingungen

Das Resultat – das Schnittgut hält die Feuchtigkeit in Bodennähe und bietet optimale Keimunsgbedingungen

Blick in die Zukunft – nicht per Wind aber vielleicht per Mahdgutübertragung auf der zukünftigen Wiesenfläche etablierter Wiesen-Bocksbart

Blick in die Zukunft – nicht per Wind aber vielleicht per Mahdgutübertragung auf der zukünftigen Wiesenfläche etablierter Wiesen-Bocksbart