Erfassung planungsrelevanter und weiterer Wert gebender Brut- und Gastvögel im NSG „Oberer Bewerbach“ sowie in der Feldflur Unterallen-Wambeln im Jahr 2021

Eine Revierkartierung aller planungsrelevanten und weiterer Wert gebender Brutvogelarten im Naturschutzgebiet (NSG 26) „Oberer Bewerbach“ (95,7 ha; UG 1) wurde als Werkvertragsleistung durchgeführt. Darüber hinaus wurden die Zusammenstellung archivierter Daten rastender Gastvögel in der „Feldflur Unterallen-Wambeln“ (703 ha; Anhang 1) von 2010-2021 sowie ein Kurzbericht zur Einordnung der naturschutzfachlichen Bedeutung des Arteninventars und zur Evaluierung möglicher Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen als externe Leistung beauftragt (Kapitel 4.1-5.2).

NSG "Oberer Bewerbach" mit umgebender Feldflur

NSG “Oberer Bewerbach” mit umgebender Feldflur

2021 konnten im NSG „Oberer Bewerbach“ 84 Brutvogelarten nachgewiesen werden, darunter 76 als wahrscheinliche und sichere sowie acht als mögliche Brutvögel. 34 dieser Arten gelten als planungsrelevant (MKULNV 2015), von denen 20 bereits in die aktuelle Rote Liste der gefährdeten Brutvogelarten Nordrhein-Westfalens aufgenommen werden mussten (GRÜNEBERG et al. 2016, Tabellen 1 und 2).

Nach den Kriterien von BEHM & KRÜGER (2013) ergibt sich mit 68,2 Punkten eine überraschend deutliche „landesweite Bedeutung“ des UG 1 als Vogelbrutgebiet alleine für das Jahr 2021. Besonders hoch bewertet werden in diesem Zusammenhang die Brutbestände von Mehlschwalbe (81 Brutpaare [BP]), RauchschwalbeundStar (jeweils 30 BP), Kuckuck (5 Reviere), Feldsperling (12 BP), Nachtigall (11 BP) sowie von Steinkauz (10 BP) und Rebhuhn (2-3 BP). Bemerkenswert sind das Populationszentrum des Steinkauzes mit 10-12 Revieren/BP sowie zwei BP des Rotmilans (3 flügge juv.) und ein BP des Habichts (2 flügge juv). Hohe Brutbestände werden im UG 1 auch von Haussperling mit 100-150 BP und Goldammer mit 52-54 Revieren/BP erreicht (Tabellen 1 und 2, Kapitel 4.1).

Rebhuhn (Männchen), Kettermannweg bei Unterallen, 15.05.2021, Foto; A. Langer.

Rebhuhn (Männchen), Kettermannweg bei Unterallen, 15.05.2021, Foto; A. Langer.

Herausragend ist das Brutvorkommen des Rebhuhns mit 8-10 Revieren/BP in der „Feldflur Unterallen-Wambeln“ (UG 2) und damit etwa 50 % des Brutbestandes im Stadtgebiet von Hamm (226 km²; POTT 2019 a, Kapitel 4.3). Weitere Wert gebende Leit- und Charakterarten im UG 2 sind alle regelmäßig in Hamm brütenden Greifvögel, von denen ein Brutrevier des Wespenbussards sowie je zwei Brutpaare der Rohrweihe (1 BP mit 3 flüggen juv.) und des Baumfalken hervorzuheben sind. Bemerkenswert sind das Dichtezentrum des Rotmilans mit 3 BP und 6 flüggen juv. und der bisher einzige Brutnachweis der Wiesenweihe in Hamm im Jahr 2004 (POTT 2006). Von hoher lokaler Bedeutung sind auch die Populationszentren von Steinkauz (16-18 BP), Feldlerche (37-39 BP) und Schafstelze (31-34 BP) in den für beide Singvogelarten wichtigsten Brutgebieten im Stadtgebiet von Hamm (Tab. 3-4, Kap. 4.3).

Von landesweiter Bedeutung ist die „Feldflur Unterallen-Wambeln“ als Rastplatz für Kiebitze und Goldregenpfeifer (max. 400 am 10.03.2013, Tabelle 7). Das UG 2 stellt den einzigen regelmäßig aufgesuchten Rastplatz letzterer Art in Hamm zur Verfügung (POTT 2019 b, 2014). Zu den Charakterarten gehören rastende Kornweihen, deren alljährliches Auftreten im Stadtgebiet von Hamm ungewöhnlich ist. Der einzige bekannte Schlafplatz des Rotmilans in Hamm wird regelmäßig um das NSG Rehwiese besetzt und kann bis zu 15 Vögel umfassen. Weitere Besonderheiten der Feldflur bei Unterallen sind alljährlich rastende Merline und von 2009-2012 besetzte Winterreviere des Raubwürgers (Tabelle 7). Bemerkenswert sind der Nachweis eines global gefährdeten Würgfalken und zwei aktuelle Beobachtungen des in NRW seltenen Raufußbussards (POTT 2020 a, POTT 2013, Kapitel 4.4.).

Goldregenpfeifer, Kettermannweg bei Unterallen, 18.03.2018, Foto: A. Langer.

Goldregenpfeifer, Kettermannweg bei Unterallen, 18.03.2018, Foto: A. Langer.

Mögliche Schutz- und Entwicklungsmaßnahmen im NSG „Oberer Bewerbach“ werden v. a. in Zusammenhang mit erheblichen Beeinträchtigungen durch intensive Grünlandnutzung gesehen, die durch flächenscharfe Maßnahmevorschläge eines Grünlandnutzungskonzeptes zu beheben sind (SCHREER 2020, Kapitel 5.1). Auf die Planfeststellung des Neubaus der A 445 in unmittelbarer Nähe des NSG 26 wird hingewiesen. Es sollte über eine Ausweisung der „Feldflur Unterallen-Wambeln“ als „Feldvogel-Kernzone“ nachgedacht werden (Anhang 1).

Kornweihe (Männchen im 3. KJ), NSG Rehwiese, 20.10.2020, Foto: A. Langer.

Kornweihe (Männchen im 3. KJ), NSG Rehwiese, 20.10.2020, Foto: A. Langer.

Mit Ankauf oder Pacht von Teilflächen und Vertragsnaturschutz-Maßnahmen aus Landesmitteln könnte entscheidend zum Schutz der Populationszentren von Rebhuhn, Rohrweihe, Rotmilan, Steinkauz und Feldlerche beigetragen werden. Die Planung eines Windparks am Nordostrand des UG 2 wird als sehr problematisch eingestuft (Kapitel 5.2.).