Ufersteilwände an der Lippe – Monitoring von Eisvogel und Uferschwalbe ’21

Der Lippeverband unternimmt seit den 1990er Jahren auch im Kreis Unna erhebliche Anstrengungen, um die Lippe und ihre Aue naturnah umzugestalten.

In diesem Zusammenhang wurden vom Lippeverband an Flussab-schnitten, an denen sich die Grundstücke im Eigentum der öffent-lichen Hand befinden, seit 1994 sukzessive die Ufer entfesselt und damit naturnah umgestaltet (s. Abb. 1 und 2). An vielen Uferab-schnitten sind nachfolgend Steilufer entstanden, die zahlreichen Tieren einen neuen Lebensraum bieten (s. Abb. 3). Als Leitarten für die Zoozönose der Steilufer können der Eisvogel (Alcedo atthis) und die Uferschwalbe (Riparia riparia) angesehen werden, die auf senkrecht ausgerichtete Uferwände für die Anlage ihrer Brutröhren angewiesen sind.

Abbildung 1: Uferentfesselung linkes Lippeufer im Bereich des NSG „Lippeaue von Lünen bis Schleuse Horst“.

Abbildung 2: In 2010 umgestaltetes, rechtsseitiges Lippeufer im NSG „Lippeaue von Lünen bis Schleuse Horst“.

Um den Einfluss der naturnahen Umgestaltung der Lippeufer auf den Brutbestand von Eisvogel und Uferschwalbe zu erfassen, führt die Biologische Station seit 2008 jährlich ein Monitoring am gesamten Lippeufer im Kreis Unna durch (s. Abb. 3).

Abbildung 3: Steilufer am östlichen Rand des (ehemaligen) NSG „Schleuse Horst“ (Foto vom 23.02.2021)

Ergebnisse Eisvogel

Neben den Brutplätzen aus 2021 sind in der Abbildung 4 auch die Kartier-Ergebnisse aus den Jahren 2008 bis 2020 dargestellt. Am gesamten Lippelauf im Kreis Unna wurde in 2008 mit 19 Brutpaaren bis dahin ein Höchststand an Brutpaaren, bezogen auf die Erstbrut, registriert. Nachdem 2009 nur noch vier Brutpaare ermittelt wurden, konnte sich der Bestand in den Folgejahren wieder weitgehend erholen.

Abbildung 4: Eisvogel-Brutpaare an der Lippe im Kreis Unna im Zeitraum von 2008 bis 2021.

In 2014 gab es dann die positive Überraschung, dass 23 Brutpaare des Eisvogels erfasst werden konnten. In 2015 wurde dann sogar das bisherige Maximum mit 26 sicher festgestellten Brutpaaren erfasst.

Die folgenden Winter zwischen 2016 und 2019 waren zwar relativ lang, aber nicht von übermäßig tiefen Temperaturen, die nur selten in einem stärkeren Frostbereich lagen, geprägt. Trotzdem ging die Zahl der registrierten Eisvogel-Brutpaare wider Erwarten bis ein-schließlich 2019 kontinuierlich bis auf 10 Brutpaare zurück.

In 2020 wurden mit 20 Brutpaaren doppelt so viele Paare erfasst wie in 2019. Nur in 2014 und 2015 wurden mehr Eisvögel an der Lippe im Kreis Unna beobachtet (s. Abb. 4). In 2021 wurden hingegen mit 12 Brutpaaren wieder deutlich weniger Eisvögel kartiert. An den einzelnen Flussabschnitten wurden drei Brutpaare am Flussabschnitt Kreisgrenze Hamm bis Werne im Osten (2020: 3 Brutpaare), vier Brutpaare am Flussabschnitt Werne bis Lünen (2020: 9 Brutpaare) und fünf Brutpaare am Flussabschnitt von Lünen bis zur westlichen Kreisgrenze nach Recklinghausen (2020: 8 Brutpaare) ermittelt (s. Abb. 5).

Abbildung 5: Eisvogelbrutplätze Lippeaue Kreis Unna in den Jahren 2008 bis 2021.

Ergebnisse Uferschwalbe:

Die Steilufer wurden zur Erfassung der Uferschwalbenbrutpaare im Zeitraum 20.Mai bis 16. Juni 2021 in zwei Kartier-Durchgängen jeweils für mehrere Stunden beobachtet. Von den Steilwänden mit Brutröhren wurde ein Foto angefertigt und besetzte Brutröhren markiert (s. beispielhaft Abb. 6).

Abbildung 6: Ausschnitt der Steilwand an der Lippe nördlich des Segelflugplatzes Lünen mit einigen Brutröhren der Uferschwalbe (Foto vom 27.05.2020) (rot umrandet = besetzte Röhren am 08.06.2020).

Nachdem sich in den Jahren 2006 bis 2009 der Bestand der Ufer-schwalbe an der Lippe im Kreis Unna auf ca. 100 Brutpaare eingependelt hatte, wurde in den Folgejahren eine teils erheblich geringere Anzahl an Brutpaaren registriert (s. Abb. 7). In 2013 konnten dann insgesamt 131 und in 2014 an fünf Steilwänden insgesamt 102 Brutpaaren der Uferschwalbe festgestellt werden. In 2015 wurde mit 200 Brutpaaren ein absoluter Höchstwert an Uferschwalbenbrutpaaren an der Lippe beobachtet. Diese Ufer-schwalben verteilten sich, im Gegensatz zu sieben Steilwänden, die z.B. in 2013 als Brutplatz angenommen worden waren, auf nur drei Steilwände. Ab 2016 wurden sukzessive wieder deutlich weniger Uferschwalben registriert. In 2018 konnte dann nur noch an einer Steilwand im Umfeld des Langerner Hufeisens zwischen Lünen und Werne 11 Brutpaare erfasst werden. In 2019 und 2020 hat sich der Bestand an Uferschwalben mit 55 bzw. 50 Brutpaaren an vier bzw. zwei Steilufern wieder etwas erholt.

In 2021 gab es nun ein ähnliches Ergebnis wie im Vorjahr. Im gesamten Lippeabschnitt Kreis Unna wurden insgesamt 54 Ufer-schwalben-Brutpaare an nur drei Steilwänden registriert. Eine Steilwand befindet sich östlich der Autobahn A1 in der fünf besetzte Brutröhren vorgefunden wurden.

Eine zweite Steilwand befindet sich im Untersuchungsraum westlich Lünen, wo nördlich des Segelflugplatzes in einer Steilwand 47 Brut-paare erfasst wurden. Auf der südlichen Lippeseite wurden im Bereich des Segelflugplatzes zwei weitere Brutröhren kartiert. (s. Abb. 7 und 8).

Abbildung 7: Uferschwalben-Brutpaare an der Lippe im Kreis Unna im Zeitraum von 2008 bis 2021.

Abbildung 8: Uferschwalbenbrutplätze der Jahre 2008 bis 2021.

 

Fazit

In 2015 war mit 26 Brutpaaren ein absoluter Höchststand im Brut-bestand der Eisvögel. Nach den sehr kalten Wintern 2008/2009 und 2009/2010, mit hohen Verlusten und einem Rückgang des Bestandes von 19 Brutpaaren auf nur noch 4 Brutnachweise in 2009, hatte der Bestand in 2015 diesen Höchststand erreicht. Danach ging der Bestand kontinuierlich zurück, wobei die Ursachen vielfältig sein können.

Da milde Winter nicht dafür sprechen, dass klimatische Faktoren ausschlaggebend waren, werden verschiedene Krankheiten als Ursache des Bestandseinbruches diskutiert. Umso erfreulicher war die deutliche Bestandszunahme auf 20 Brutpaare an der Lippe im Kreis Unna von 2019 auf 2020 zu werten. In 2021, nach einer längeren starken Frostperiode, gab es nun wieder einen deutlichen Einbruch in den Bestandszahlen auf 12 Brutpaare.

Generell ist der Anstieg der registrierten Eisvogel-Brutpaare nicht nur auf die eher milden Winter zurückzuführen. Auch die inzwischen sehr zahlreich vorhandenen kleineren und größeren Uferabbrüche längs der Lippe bieten eine ausreichende Anzahl an potentiellen Brut-plätzen. Die verbesserte Wasserqualität und eine größere Struktur-vielfalt im Gewässer bedingen auch ein verbessertes Nahrungs-angebot an Kleinfischen und anderen Wasserorganismen in den flacheren Fließgewässerbereichen und leisten so einen wichtigen Beitrag zu den verbesserten Lebensbedingungen an diesem Flachlandfluss.

Nachteilig wirken sich sowohl Krankheiten als auch der Besucher-druck in den Lippe-Naturschutzgebieten auf die Entwicklung des Brutbestandes der Eisvögel und Uferschwalben aus.

Seit der Rückkehr der Uferschwalbe an die Lippe im Kreis Unna im Jahr 2000 wurde in 2015 mit 200 Brutpaaren das bislang höchste Brutvorkommen registriert. Die erfreuliche Entwicklung belegt, dass diese Vogelart durch die Entfesselung zahlreicher Uferbereiche an verschiedenen Flussabschnitten geeignete Lebensraumstrukturen vorfindet.

Ein Vergleich der Ergebnisse aus den vergangenen Jahren bestätigt, dass sich nicht vorhersagen lässt, welche Steilufer in einer Brutsaison angenommen werden. Fast jährlich wechseln die Steilufer in Anzahl und Lage, die von dieser Vogelart als Brutplatz ausgewählt werden.

Das Monitoring sollte über 2021 hinaus fortgeschrieben werden. Durch die verbesserten Rahmenbedingungen wird, in Abhängigkeit von der Witterung in den Wintermonaten, beim Eisvogel eine weitere Bestandszunahme erwartet. Bei der Uferschwalbe gibt die künftige Bestandsentwicklung in Kombination mit Ergebnissen von benach-barten Lippeabschnitten wichtige Hinweise auf den generellen Trend im Vorkommen dieser Vogelart.

In 2021 wurde festgestellt, dass insbesondere im Lippe-Abschnitt von Werne bis Lünen durch Uferabrutschungen, überwucherte Steilwandbereiche und späte Steiluferabbrüche im März/April, die potentiellen Brutplätze für Eisvögel und Uferschwalben abgenom-men hatten. Dies ist vermutlich mit eine Erklärung für die geringe Anzahl an erfassten Eisvogel-Brutpaaren und das Fehlen von Uferschwalben auf diesem Lippeabschnitt.

Im Januar/Februar 2022 wird eine Bestandsaufnahme der potentiell geeigneten Steilufer vorgenommen. Danach wird die Entscheidung getroffen, an welchen Uferabschnitten durch ein Abstechen der Steilwand Optimierungen für die Anlage von Brutröhren notwendig sind.