Ein Waldentwicklungskonzept für das Naturschutzgebiet Beversee

Kerstin Conrad, Klaus Klinger

Für das Naturschutzgebiet Beversee, das seit 2007 auch als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet ausgewiesen ist, wurde in 2014 vom Regionalverband Ruhr das Forstbetriebswerk aus dem Jahr 2000 fortgeschrieben. Die Biologische Station wurde in diesem Zusammenhang mit einer „naturschutzfachlichen Zuarbeitung“ beauftragt. Ziel war der Eingang der entsprechenden Ausarbeitungen in das neue Forstbetriebswerk. Hinsichtlich der Fortschreibung des Forstbetriebswerkes wie auch der „naturschutzfachlichen Zuarbeitung“ wurde die Vorgabe gemacht, die Waldflächen des Beverseegebietes nicht als ‚Wirtschaftswald‘ anzusehen.

Frühjahrsaspekt mit Hoher Schlüsselblume und Busch-Windröschen

Frühjahrsaspekt mit Hoher Schlüsselblume und Busch-Windröschen

Parallel zu diesen Arbeiten wurde vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW die Erstellung eines Waldmaßnahmenkonzeptes (WaldMako) für das Beverseegebiet vorbereitet und Anfang März 2015 in Auftrag gegeben. Dieses stellt das Nachfolgekonzept des sog. Sofortmaßnahmenkonzeptes (SoMako) aus dem Jahr 2004 dar. WaldMakos sind Naturschutzfachkonzepte für FFH-Waldgebiete und erlangen – anders als Landschaftspläne – keine Rechtsverbindlichkeit.

Im Rahmen des einleitenden Fachgespräches für die Erstellung des neuen WaldMakos Anfang Juni 2014 wurde leider deutlich, dass aktuelle Kartierungen weder zu Biotopbäumen, noch zu Flora oder Fauna durchgeführt werden sollten. Ebenso sollte nicht berücksichtigt werden, dass seit der letzten Kartierung zu FFH-Lebensräumen und §62er-Biotopen in 2010, die entsprechenden Kartieranleitungen durch das LANUV überarbeitet wurden, so dass mittlerweile die Kulisse entsprechender schutzwürdiger Flächen möglicherweise größer bzw. eine Bewertung der FFH-Lebensräume anders ausfallen würde.

Daher erschien es sinnvoll, im Rahmen der von der Biologischen Station zu erbringenden naturschutzfachlichen Zuarbeitung eine ganzheitlich betrachtende, naturschutzfachlich orientierte Ausarbeitung zu erstellen, die im Rahmen zukünftiger waldbaulicher Maßnahmenumsetzungen Berücksichtigung finden soll, da direkt im Forstbetriebswerk verankert. So wurde aus einer „naturschutzfachlichen Zuarbeitung“ ein umfassendes „Waldentwicklungskonzept“. Dieses kann als naturschutzfachliche Grundlange für die derzeitige Erstellung des WaldMakos herangezogen werden.

Die Waldflächen des Naturschutz- und FFH-Gebietes Beversee stellen innerhalb des Kreises Unna in vielerlei Hinsicht aus naturschutzfachlicher Sicht wertvolle Lebensräume dar. Standortgerechte Stieleichen- und Eichen-Hainbuchenbestände prägen neben großflächigen, alten Birkenbeständen mit Hänge- und Moorbirke das Waldbild. Vor allem im Südosten des Gebietes stocken aber auch jüngere und/oder nicht standortgerechte Bestände. Die Waldflächen des Naturschutzgebietes Beversee stellen im waldarmen Kreis Unna, welcher in erster Linie durch offene Landschaften geprägt ist, einen wichtigen Verbundbaustein zwischen den traditionellen, alten Waldbeständen des Cappenberger Waldes, des Romberger Waldes oder des Heerener Holzes dar, deren Qualität es aus naturschutzfachlicher Sicht her zu erhalten und zu entwickeln gilt.

alter Birkenbestand mit Pfeifengras und Torfmoosen im Unterwuchs

alter Birkenbestand mit Pfeifengras und Torfmoosen im Unterwuchs

Das Waldentwicklungskonzept der Biologischen Station stellt zunächst Grundlagendaten zusammen und beschreibt die Ausstattung des Naturschutzgebiets anhand vorhandener Kartierdaten. Lediglich für einen ausgesuchten Waldbestand im Südwesten des Gebietes wurde im Frühjahr 2014 eine exemplarische Totholz- und Höhlenbaumkartierung sowie im gesamten Gebiet eine halbquantitative, halbqualitative Spechtkartierung durchgeführt. Neben den in 2010 erhobenen Daten der Biologischen Station zu Biotoptypen und naturschutzwürdigen Lebensräumen sowie einer daraus hergeleiteten Karte weiterer potentiell naturschutzwürdiger Flächen (gemäß der neuen Kartieranleitungen), flossen in erster Linie nicht-systematisch erhobene Daten des ehrenamtlichen Naturschutzes mit ein. Auf dieser Basis formuliert das Konzept Handlungsfelder, die sich einerseits aus den rechtskräftigen Vorgaben des Landschaftsplanes, andererseits aus den Vorgaben zum Arten- und Habitatschutz ergeben. Des Weiteren werden Vorschläge formuliert, die den Erhalt und die Entwicklung der biologischen Vielfalt sowie der besonderen Eigenart und Schönheit des Naturschutzgebietes gewährleisten sollen. Dabei orientiert sich das Konzept an der Zielvorstellung, dass die derzeitigen Waldflächen zukünftig flächendeckend mit Beständen der sog. potentiellen natürlichen Vegetation bzw. deren Übergangsstadien bestockt sein werden, so wie es auch die Vorgaben aus dem Landschaftsplan vorsehen. Für die Waldgesellschaften, die der potentiellen natürlichen Vegetation zugeordnet werden, sind die entsprechenden FFH-Lebensraumtypen sowie die entsprechenden §62er-Biotoptypen auf Sumpf- und Bruchwaldstandorten im Leitbild verankert.

Es gilt also, einen nachhaltigen Lebensraumschutz zu praktizieren, in dem die Ziele des Artenschutzes weitgehend integriert sind. Die Vorgaben des Landschaftsplanes wurden konkretisiert und in die Maßgabe, für jeden FFH-Lebensraumtyp einen „hervorragenden Erhaltungsgrad“ zu erzielen, integriert. Für den überwiegenden Anteil der insgesamt 77,2 ha umfassenden Waldflächen des Naturschutzgebietes Beversee – nämlich für 48,6 ha – liegen nun klare Vorgaben vor, wie zukünftig waldbauliche Maßnahmen möglichst naturverträglich, unter Berücksichtigung des jeweiligen Leitbildes des jeweiligen Waldbereiches umgesetzt werden können.

Auf den restlichen 28,6 ha Waldfläche sieht das Waldentwicklungskonzept die Ausweisung von zwei dauerhaft bestehenden Prozessschutzflächen vor. Diese Flächen liegen im Südwesten des Gebietes und decken einen Großteil der alten, rund 130 Jahre alten Stieleichenbestände ab. Auch liegen in diesem Bereich wertvolle alte Birkenbestände, die kleinflächig Sumpf- und Bruchwaldcharakter aufweisen. In einem 30 m breiten Streifen (insgesamt 8,2 ha) entlang der Wege und der Bahnschienen, die im Süden an das Gebiet grenzen, dürfen Maßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht durchgeführt werden.

Das Waldentwicklungskonzept der Biologischen Station wurde seitens des RVR begrüßt. Die im Konzept zusammengestellten Maßnahmen werden zukünftig im Gebietsmanagement Berücksichtigung finden.